Vom Hof zum Dorf
b) Bei der Durchführung der Aufgaben des eigenen Wirkungs
kreises (z.B. Gemeindewahlen, Vermögensverwaltung, Polizeiaufga
ben, etc.) unterliegen die Gemeinden zur Wahrung der Gesetzmässig:
keit der Aufsicht des Staates (Grundsatz der Gleichmässigkeit). Ebenso
können gegen Beschlüsse der Gemeindeorgane Beschwerden an die
staatlichen Aufsichtsorgane (Regierung) von allen in ihren Interessen
sich vermeintlich betroffen fühlenden Personen geführt werden.
c) Die Gemeinden und ihre Organe sind Hilfsorgane des Staates
geworden und haben in vielen Dingen, im sog. übertragenen Wirkungs
kreis, für denselben Aufgaben zu erfüllen (z.B. Fremdenpolizei, Polizei
kontrollen, Waldaufsicht, Gewässerschutz, etc.).
d) Das Staatsbürgerrecht setzt das Gemeindebürgerrecht voraus.
Die Bürgerrechtsfragen sind derzeit wieder im Fluss und es besteht eine
Richtung, die ein Staatsbürgerrecht ohne Gemeindebürgerrecht bringen
will, was aber einen Rückfall für die Gemeinden und ihre Rechte bedeu:
tete.
Alle Bürger sollen sich grundsätzlich der gleichen Rechte der
Gemeinde erfreuen. Ein Unterschied besteht lich für sog. Hinter-
sassen und aus dem Ausland kommende Neubürger, denen der Anteil
am Gemeindenutzen vorenthalten ist, eine Bestimmung, die heute viel
an Bedeutung verloren hat.
Die Gemeindeversammlung ist berechtigt, an In- und Ausländer
das Ehrenbürgerrecht zu verleihen, ohne dass Ausländer damit ein
Staatsbürgerrecht beanspruchen könnten. Der Ehrenbürger besitzt kei:
nen Anspruch auf Heimatschriften.
e) Die Organisation der Gemeinde: Oberstes Organ der
Gemeinde ist nach wie vor die Gemeindeversammlung. Sie wird aus den
stimmberechtigten, in der Gemeinde wohnhaften Gemeindebürger
(-bürgerinnen) und niedergelassenen Bürgern aus andern liechtensteini-
schen Gemeinden, sowie den in der Gemeinde wohnhaften Ehrenbür-
gern gebildet. Für Wahl- und Stimmrecht gelten die gleichen Grund
sätze, wie sie heute für das Wahl- und Stimmrecht in Landesangelegen-
heiten bestehen.
So wird der Gemeinderat heute nach dem Proporzsystem (seit
1975) wie der Landtag, bestellt. Der Gemeindevorsteher wird jedoch
nach dem Majorzsystem erkoren. .
f) Nach dem alten Gemeindegesetz von 1864 wurde in «wichti-
gen» Angelegenheiten (z.B. neue Gemeindebauten) ein sog. «grosser
Gemeinderat» gewählt, aber jeweils nur für den betreffenden Fall. Mit
dem Gemeindegesetz vom 2. Dezember 1959 wurde der Versuch gestar-
tet, einen ständigen Gemeinderat und einen erweiterten zu bestellen.
Diese Einrichtung funktionierte ebenfalls nicht zufriedenstellend, und
wurde 1974 wieder fallen gelassen. Derzeit wird die Frage des Ernen-
nens von Ersatzkandidaten ähnlich wie im Landtage erwogen Neben
Gemeindevorsteher und Gemeinderat wählt die Gemeindeversamm-
lung noch die Rechnungsrevisoren und den Vermittler. Die Wahl der
andern Gemeindeorgane und Kommissionen ist in die Kompetenz des
Gemeinderates gelegt worden.
Seit 1975 wird, der Gemeinderat auf 4 Jahre und nach dem Pro-
porz gewählt. Das Proporzsystem auf Gemeindeebene anzuwenden ist
nicht problemlos, weil bei Gemeindewahlen vielmehr als wie bei Land-
tagswahlen noch die Persönlichkeit und nicht die Parteizugehörigkeit
den Ausschlag gibt, auf der andern Seite aber auch in der Gemeindepoli-
tik Mässigung eingetreten ist.
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