Vom Hof zum Dorf
Der Triesner Forscher HH. Pfarresignat FE. Tschugmell fand solch Tries-
ner Geschworene bis 1406 zurück.
J.B. Büchel schildert in seiner Geschichte der Gemeinde Triesen
die Entstehung der «Nachburschaften» wie folgt:
«Die Gemeinde Triesen ist bei weitem nicht so alt als Triesen selbst.
Nachdem die Römer das Land in Besitz genommen hatten, führten sie in
demselben auch die ihnen eigenen bürgerlichen Verhältnisse ein.
Nach dem römischen System gehörten Dörfer und Weiler mit ihrem
Gebiete zu einem gemeinsamen Mittelpunkte, zu einer Stadt oder einer
römischen Kolonie.
Diejenigen, welche auf dem Lande draussen freien eigenen Grund-
besitz hatten, waren Bürger jenes Hauptortes und hatten an der Verwaltung
des Landes Anteil. Die Bevölkerung, welche Landwirtschaft betrieb,
bestand mit selten Ausnahmen aus ganz unfreien Sklaven und aus halb-
freien Pächtern (Kolonen, Zinsbauern). Diese Leute wohnten auf Höfen;
oft waren viele Höfe nahe beieinander und bildeten Dörfer und Weiler.
Aber auch Leute, die nahe beieinander wohnten, gehörten doch nicht
zueinander, sondern jeder gehörte zu seinem Hofe und zum Besitzer seines
Hofes. Es gab Höfe, Herrenhöfe, zu denen mehrere und oft viele kleinere
Höfe gehörten. Ein Einzelhof wurde mansus, ein grösserer Meierhof curtis
genannt (daher Chart-netsch, jetzt Gartnetsch, d.h. ein ausgedehnter Hof,
Cartling = kleiner Hof).
Als dann die Alemannen einbrachen und den Römern das Regiment
abnahmen, kam das Hofsystem erst recht zur Geltung, denn diese deut-
schen Stämme kannten das Zusammenwohnen in Städten nicht, sondern
wohnten auf ihren Höfen, die sie hova - Hube, nannten. Wer keinen eige-
nen Hof hatte, war bei ihnen kein freier Mann und hatte im politischen
Leben nichts zu bedeuten. Wer einen grösseren Grundbesitz hatte und mehr
Arbeitskräfte auf seinen Gütern beschäftigte, war der Grössere. Das poli-
tische Übergewicht ging also mit Beginn der deutschen Einwanderung
immer mehr auf die Höfe, auf das Land über. Im Mittelalter, um die Zeıt
zwischen 1000-1200, war die alte romanische Sprache, die bis dahin hier-
zulande gesprochen wurde und allmählich der deutschen Sprache hatte
weichen müssen, bei uns vollständig erloschen.
Mit der neuen Sprache war auch eine neue Gesellschaftsordnung zur
allgemeinen Geltung gekommen, die sich ausschliesslich auf die landwirt-
schaftlichen Verhältnisse stützte.
Gruppen von Höfen wurden dann vereinigt unter dem Namen
Nachburschaften; der Hofbesitzer hiess Bur. Eine grössere Zahl von Nach-
burschaften bildete die Zentgrafschaft und mehrere Zentgrafschaften bilde-
ten den Gau. Die Leitung (Militär, Zivilverwaltung und Rechtspflege)
eines Gaues war einem Gaugrafen, die den Zentgrafschaft einen Zentgra-
fen oder Schulthaissen anvertraut. Die Nachburschaften (romanisch villae
genannt) waren also ım frühesten Mittelalter ein Komplex von mehreren
kleineren oder grösseren Höfen, die zu einem Haupthofe, ein abgeschlosse-
ner Bezirk oder eine Mark, dem Begriff Dorf (als Gesamteigentum einer
Gemeinde) entsprechend. Gemeinden im heutigen Sinne gab es damals
noch nicht. a
Die Wälder waren grossenteils Gemeingut (sofern sie nicht durch das
Staatsoberhaupt gebannt waren); die Hochwälder gehörten dem Landes-
herm. Den einzelnen Höfen und Mansen waren aber auch besondere Wal-
dungen zugeteilt. So waren auch grosse Wiesflächen, besonders in den Wäl-
dern, als Allmend und oft auch Alpen in gemeinsamem Besitze der Nach-
ra