Unser Land
In Graubünden war das Söldnerwesen besonders stark verbreitet.
Söldnerwerber aus Graubünden suchten wiederholt ab dem 16. Jahr-
hundert darum nach, auch bei uns die Werbetrommel zu rühren und
‚unge Männer für den Kriegsdienst von den Niederlanden bis nach Sizi-
lien anzuwerben. (Sie traten damit in Konkurrenz zu den Grafen von
Hohenems, die ebenfalls Leute für die Türkenkriege im 17. Jahrhundert
ınwarben.) Das Reislaufen dauerte hier bis Ende des 19. Jahrhunderts
an. Zur Römerzeit «ausgehoben», im Mittelalter und der neueren Zeit
«angeworben», wie viele unserer Leute verblieben auf den Schlachtfel-
dern des Auslandes! Sie waren aus den verschiedensten Gründen in den
Krieg gegangen: Handgeld (das man quasi als Kaufpreis daheim abgab),
Sold Is klingender Lohn, dagegen hier kein Auskommen, Verfolgung
zur Hexenwahnzeit des 17. Jahrhunderts, Zerstören des Acker- und
Wieslandes durch Rüfen und Rhein etc. und dazu kam, dass man früher
viel leichter die Heimat verliess. Gründe: kein genügendes Auskommen
fürs Leben, harte Strafen für geringfügige Vergehen, ausser zu erwarten-
dem Anteil an Gemeinheiten (Gemeindeboden) kaum einen eigenen
Grund und Boden, miserable Behausungen aus Holz, harte Fronen für
Herrschaft und im Gemeinwerk für Rheinschutzbauten und Strassen
etc., keine handwerkliche und höchstens kümmerliche Schulausbil-
dung.
Das Fürstentum Liechtenstein gehörte seit jeher zum Bistum
Chur. Die Geistlichkeit des Landes unterstand demselben und konnte
nicht ohne dessen Zustimmung (Investitur) normal eine Pfründe über-
nehmen. - In Triesen finden wir zwei Pfarrer vor, die nicht vom Bischof
sondern von den Grafen auf die Pfründe eingesetzt wurden (Strasser
1595 und Mathys 1628). Das Priesterausbildungsseminar kam 1907 von
Meran nach Chur, nachdem Vorarlberg vom Bistum Chur losgelöst
worden war. Aus den Herrscherhäusern der Grafschaft sassen zweimal
Vertreter auf dem bischöflichen Stuhl zu Chur:
Hartmann von Werdenberg-Sargans-Vaduz (1397-1416) und
Ortlieb von Brandis (1458-1491).
Bis zum Verkaufe der Herrschaft Maienfeld an die Bündner 1509
durfte zwischen droben und uns wohl ein gutes Verhältnis bestanden
haben. Das wurde aber anders, als die Grafen von Sulz 1531 mit den
Habsburgern ein Kriegsbündnis eingingen, ihnen das Schloss offenhiel:
ten, und auch die Vorarlberger ihre Verteidigungsgrenze an der Luzien-
steig oben erblickten. In der Zeit der sog. Bündner Wirren (1620-1624)
brandschatzten die Bündner die Dörfer Balzers und Triesen wiederholt,
auch später kam es zu offenen Streiten. Die Bündner kauften seit dem
17. Jahrhundert Wiesen bis nach Balzers herein zusammen, so dass
Fürst Wenzel auf Ersuchen des Volkes einschreiten musste und die Bal-
zener später wieder zurückkaufen konnten.
Zu Zeiten der beiden Weltkriege (1914-1918 und 1939-1945)
empfanden es die Balzener besonders schwer, an der Grenze behindert
zu werden.
Umschlagstelle für in Graubünden oder auch hier geschlagenes
und rheinabwärts geflösstes Holz war Fussach. Bis dorthin brachten es
die Flösser. Liechtensteiner beteiligten sich auch daran. Die Rheinflösse-
rei musste Mitte 19. Jahrhundert eingestellt werden, nachdem der Rhein
anstelle von Sand und Schlamm immer mehr grobes Kies aus den abge-
holzten Tälern Graubündens mitbrachte.
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