Anhang
Von unordentlicher, köstlicher Kleidung und
Traktation
Wenn ein Geistlicher seinen geistlichen Habit und
Tonsur verändert, soll er gefänglich eingezogen und
gebührend bestraft werden. Die Beamten und Vor-
gesetzten sollen mit dem Beispiel vorangehen und
keinen übertriebenen Kleideraufwand machen. Kein
Insasse soll ausländische, köstliche Gewänder, Samt
und Seide, Wälsche, englische, niederländische
Tücher, wovon eine Elle 2 Kronen kostet, tragen,
sondern inländisches, wahrhaftes, in Wind und Wet-
ter tüchtiges Tuch gebrauchen. Die mit dem Pflug
oder ihrer Handarbeit sich ernähren, dürfen keine
Federn tragen, es habe denn einer einen Kriegszug
getan und sıch redlich gehalten. Bei Übungen jedoch
und Musterungen ist es der Milizmannschaft erlaubt.
Wer sich bei einem Sturm oder in einer Feldschlacht
durch tapfere Taten hervorgetan, der darf tragen
Ringe, Atlas, Seide u. dgl. Alle unnötigen Bankette,
Gastereien, insonderheit aber die köstlichen fremden
Speisen und Getränke als: Konfekt, Zuckerwerk,
Gewürz, süsse Weine, Malvasier, Montagner u. dgl.
sollen nicht erlaubt sein, und überhaupt sollen bei
Mahlzeiten mehr nicht als vier gekochte Speisen auf-
getragen werden.
Von Bettlern
Deutsche und wälsche Bettler und herumstreifende
Leute sollen aus dem Lande geschafft und nicht mehr
eingelassen werden. Würden sich solche wieder ein-
schleichen, so sollen sie gefänglich eingebracht, nach
Umständen bestraft und aus dem Lande gewiesen
werden. Was die inländischen Bettler angeht, inson-
derheit solche, die sich Alters und Krankheit halber
nicht mehr ernähren können, soll die Gemeinde, in
die sie gehören, dieselben erhalten, und würde die
Spende nicht soviel ertragen, soll alle Sonn- und Fei-
ertage der Pfarrer auf der Kanzel der Armen geden-
ken und der Spendmeister mit einem offenen Schüs-
selchen Almosen sammeln in der Kirche und jeder
zeben nach seinem Willen. Der Armen und Presthaf-
ten sich anzunehmen und sie geziemend zu versor-
gen, wird jeder Gemeinde empfohlen, und alle wer-
den aufgefordert bei Christenpflicht, solchem gott-
gefälligen Werke nachzukommen. Solche aber, die
gesund und stark sind und arbeiten können, haben
keinen Anspruch auf Unterstützung, noch viel weni-
ger soll man arbeitsfähige Kinder zum Betteln zu-
lassen, sondern die Eltern, welche solches täten,
sollen zur Rechenschaft gezogen werden. Niemand
soll fremde Personen länger als eine Nacht beherber-
gen und speisen, bei Strafe von 1 Pfund. Gartknechte
‘herrenlose Leute) und andere werklose Leute sollen
nicht im Lande geduldet, sondern fortgeschafft
werden, und falls sie sich zur Wehre setzen, sollen die
Nachbaren einander beistehen. Jährlich sollen nach
Gestalt der Dinge, drei oder mehr «Streifen» ge-
macht werden im ganzen Lande, Wälder, Grenzen,
YTeuhäuser und andere verdächtige Orte durchsucht
ınd die «argwöhnischen» Personen, so man da
betritt, sollen in Verhaft genommen, untersucht,
bestraft und aus dem Lande gewiesen werden. Das
gleiche soll mit den Zigeunern geschehen. —
So gibt diese Polizeiordnung ein treues Bild von dem
sittichen und gesellschaftlichen Zustande, der
Jamals hier herrschte, und von dem Geiste, mit wel-
chem die Obrigkeit für ihre Untergebenen sorgt.
528, 667)
nn 1657, Juli 29
Aus dem Sitten-Mandate des Grafen
Wilhelm von Hohenems
A.
JBL 1912-127) Graf Franz Wilhelm von Hohenems-
Vaduz an seine Untertanen:
Mit Bedauern habe er erfahren, dass bei seinen Un-
‚ertanen das Laster des Fluchens überhand genom-
men habe. Junge und alte Leute, Weibs- und Manns-
oersonen scheuen sich nicht, die hl. Sakramente zu
schänden und Gott zu lästern und einander selbst
alles Böse auf den Hals zu wünschen. Dadurch
werde Gottes höchste Majestät beleidigt und den
Mitmenschen Ärgernis gegeben und es sei nicht zu
verwundern, dass Gott seinen Zorn in vielen Dingen
fühlen lasse. Die von Gott gesetzte Obrigkeit sehe
sich vor Gott verpflichtet, diesen Unfug zu steuern.
Sie befehle daher aller Unterthanen und denen, die
sich im Lande aufhalten, oder durch dasselbe reiten,
bei unnachsichtlicher Strafe, dass sie sich hinfüro
alles Fluchens, Sakramentierens und üblen Nachre-
dens enthalten. Es wird auch allen Beamten, beson-
ders auch den Wirten und Tafernern befohlen, auf
dieses Mandat zu achten, die Übertreter desselben
bei ihrem Eide anzuzeigen, damit sie zur Strafe gezo-
zen werden können.
3, 1601-1627
Aus dem Mandat des Johann Flugi
von Aspermont, Bischof von Chur
(KB-397) Weit grösseren Eifer und grössere Tätigkeit
in Erhaltung der katholischen Religion und der
bischöflichen Gerechtsame zeigte Bischof Peters
Nachfolger Johann Flugi von Aspermont (1601-
1627). Er entliess sogleich alle Nichtkatholiken aus
seinem Dienst und konnte nur mit Mühe zur
Beschwörung der sechs Artikel gebracht werden.