Volltext: LGU Mitteilungen (1998) (44)

6Gesetzesänderunganwendung 
dem unabhängigen Gericht anver- traut und den Umweltschutzorganisationen die Möglichkeit einräumt, ihre Anliegen vor dem Richter zu vertreten.»2Es muss sich auch Liech- tensteins Regierung die Frage stellen, ob sie mit der Einschränkung des Beschwerderechtes einen Abbau der Rechtsstaatlichkeit verantwor- ten kann. Sollte das Verbandsbeschwerderecht tatsächlich eingeschränkt werden, muss sich jeder Bürger und jede Bürgerin fragen, weshalb sich die Exekutive so vor Beschwerden fürchtet, dass sie  das Recht beschneiden muss, wenn sie doch das Naturschutzgesetz korrekt vollzieht. Schliesslich ist zu beachten, dass das Verbands- beschwerderecht auch präventive Wirkung entfaltet, da die Behörden Beschwerden ver- meiden können, wenn sie das Gesetz korrekt vollziehen. In Liechtenstein zogen bis jetzt zwei Fälle eine rechtliche Intervention seitens der LGU nach sich. Die Bauarbeiten beim Sportplatz Vaduz wurden ohne Durchführung des Bewilligungs- verfahrens nach Naturschutzgesetz von der Baubehörde bewilligt und ohne rechtskräftige Baubewilligung begonnen. Beim Tennisplatz Vaduz lief es ähnlich. Obwohl das Bewilligungs- verfahren nach Naturschutzgesetz noch nicht erledigt war, wurde bereits die Rodung bewilligt und vorgenommen. In beiden Fällen handelte es sich um Inventarobjekte. Die Behörde hat die Vorschriften des Naturschutzgesetzes jeweils ausser Acht gelassen, insbesondere keine Inter- essenabwägung vorgenommen. Die Einschränkung des Verbandsbeschwerde- rechts auf Inventarflächen ist in ihrer politi- schen Symbolwirkung und Folgerichtigkeit als verheerend zu betrachten. Sie läuft den welt- weiten Bemühungen um Nachhaltigkeit zuwi- der. Eine moderne und zeitgemässe Umweltpo- litik verlangt eine ganzheitliche Sicht der Dinge. Mit der Einschränkung des Verbandsbeschwer- derechtes auf Inventarobjekte würde Liechten- stein wieder in die längst überholte Denkweise der «Naturschutzinseln» zurückkehren. Die geplante Gesetzesänderung widerspricht nicht nur in höchstem Masse der Nachhaltigkeitsbe- trachtung, dem Zweck und Grundsatz des Naturschutzgesetzes sondern auch dem Grund- gedanken der Biodiversitätskonvention, die auch von Liechtenstein ratifiziert wurde. In Liechtenstein werden Abklärungen und Unter- suchungen mit Steuergeldern finanziert, die im konkreten Fall aber ausser Acht gelassen wer- den. Eine solche Abklärung besteht bspw. zum Mindestbedarf von naturnahen Ausgleichs- flächen in landwirtschaftlichen Gunstlagen desliechtensteinischen 
Alpenrheintales. Ein Netz von Kernzonen über das ganze Land verteilt, spielt dabei ein grosse Rolle aber ebenso wichtig sind Pufferzonen um diese Kernzonen herum und eine funktionstüchtige Vernetzung, das heisst Flächen ausserhalb der Inventarob- jekte. Eine aktuelle BUWAL-Studie hat zudem ergeben, dass die Lebensräume von gefährde- ten Pflanzen und Tieren, die auf der «Roten Liste» stehen, zu zwei Dritteln ausserhalb der Inventarflächen des Bundes liegen. Dieser Tat- sache wird generell in Mitteleuropa versucht mit einer ganzheitlichen Betrachtung in Form einer abgestuften, umweltverträglichen Land- nutzung Rechnung zu tragen. Die geplante Ein- schränkung des Verbandsbeschwerderechts auf Inventarflächen ist deshalb ein völlig falsches Signal. Der Konflikt zwischen Nutzen und Schützen lässt sich nur dann lösen, wenn sich Politik und Wirtschaft der Notwendigkeit des Ressourcenschutzes bewusst werden. Nicht zu vernachlässigen ist deshalb auch die präventive Wirkung des Verbandsbeschwerderechts, wel- ches nach Schweizerischen Erfahrungen eine umweltverträgliche Qualität der Bauprojekte und der behördlichen Bewilligungen fördert. Die geplante Gesetzesänderung verstösst nicht nur gegen geltendes Verfassungsrecht (Art. 43, Gewährleistung des Beschwerderechtes), son- dern auch gegen moderne rechtsstaatliche Prinzipien (Verbandsbeschwerderecht). Oft werden folgende Aussagen gemacht: ■«Es kann nicht sein, dass Verbände bei jedem Schaufelstich mitreden können» ■«Mit dem Beschwerderecht werden Projekte verhindert oder verzögert» ■«Mit dem Beschwerderecht für private Organisationen werden die Gerichte unnötig belastet» ■«Der Aufwand für die Durchführung des Beschwerderechts ist zu gross» ■«Mit dem Beschwerderecht für private Ver- bände wird der Verwaltung und der Regie- rung ein Misstrauensantrag ausgesprochen» ■«Entscheiden sollen die gewählten Volks- vertreterInnen und nicht ein paar demo- kratisch nicht legitimierte Verbände» ■«Jeder kann kommen und Beschwerde ein- reichen» Weshalb dies nichts Anderes als populistische Angstmachereien ohne Hintergrund sind, zei- gen wir in einem fünfseitigen Argumentarium. Auch dieses ist wie die Stellungnahme zu den Gesetzesänderungen auf der Geschäftsstelle erhältlich. 
2Botschaft des Schweizeri- schen Bundesrates zum Umweltschutzgesetz von 1979, S.77
	        

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