Volltext: LGU Mitteilungen (1993) (27)

Tot(al)verbiss einer Esche — leider ein häufiges Bild in Liechtenstein. 
LGU-Mitteilungen Juli 1993 Thema: Wald - Wild eben hohe Wildbestände. Dazu kommt, dass die Jagd eine sehr zeitaufwendige Beschäftigung ist. Je höher die Be- stände sind, umso schneller trifft man auf ein schussbares Stück Wild. Das ei- gentliche Jagen und die ökologischen Erfordernisse stehen heute leider zu weit im Hintergrund. Wie siehst Du die künftige Entwicklung der Jagd? Die Jagd braucht meines Erachtens eine Neuorientierung, sie muss sich vor allem ökologischen Erkenntnissen an- passen.' Die jagdlichen Traditionen müssen noch stärker einer kritischen Prüfung unterzogen werden, ansonsten dürfte die Jägerschaft ihre Glaubwür- digkeit als Mitstreiter um die Erhaltung einer intakten Natur wohl bald einmal verspielen. Was heisst das imKlartext? Dass man vor den sich abzeichnenden Problemen nicht die Augen ver- schliesst, sondern sich bereit erklärt, mit aller Konsequenz zur Lösung dieser Probleme beizutragen, und zwar ohne faule Kompromisse. Welches sind denn die faulen Kompro- misse? Nehmen wir das Beispiel der Rotwild- bewirtschaftung. Wir Menschen haben dem Hirschwild den ursprünglichen Winterlebensraum in den Rheinauen durch den Bau von Strassen und Sied- lungen zerstört. Als Folge davon wer- den heute Hirsche im Winter mittels künstlichen Fütterungen in den Berg- wäldern gehalten, wo sie verheerende Schäden anrichten. Damit wird doch niemandem geholfen. Weder dem Wild, das sich seinen eigenen Lebensraum kaputt macht, noch uns Menschen, die wir auf die Schutzwirksamkeit dieser Wälder auf Gedeih und Verderb ange- wiesen sind. Wir sollen also auf das Rotwild ver- zichten? Nicht verzichten, aber stark reduzieren. Wir können uns in der heutigen Situa- tion keine jagdlich interessanten Rot- wildbestände mehr leisten. Das gilt für das Gamswild in ähnlicher Weise. Eine landesweite Reduktion des Rotwild- bestandes auf 80 bis 100 Stück ermög- licht nicht nur die Auflassung aller Füt- 
terungen, sondern löst auch die gewal- tigen Wildmassierungen in den Winter- einständen auf, was sich nur vorteilhaft auf die Waldverjüngung auswirken kann. Sicherlich kein einfacher Weg, aber meines Erachtens der einzig ehr- liche und vernünftige. Ist das politisch durchführbar? Es wird sehr schwierig werden, zumal man sich nie ernsthaft mit dieser Vari- ante auseinandergesetzt hat. Die politi- schen Entscheidungsträger, aber auch die Jäger müssen hier schon einen Rie- sensprung über ihren eigenen Schatten machen, sonst läuft gar nichts. Je kleiner die Wildbestände werden, umso schwieriger wird die Jagd auf die verbleibenden Tiere. Wäre es nicht sinn- voll, wenn man gewisse. jagdliche Er- leichterungen vornehmen würde? Natürlich wäre das sinnvoll! Aber da machen sich die Jäger ihr Leben selber schwerer, als es schon ist. Wenn ich an das Theater um die stumpfsinnige Tro- phäenbewertung an der alljährlich 
stattfindenden Trophäenschau denke, bekomme ich Wallungen. Da wird doch tatsächlich jemand öffentlich der jagd- lichen Unfähigkeit bezichtigt, wenn er — wohlgemerkt in einer Zeit, wo alle nach Reduktionabschüssen schreien - versehentlich einen mittelalten Bock anstatt einen alten Bock schiesst. Als ob es dem jungen Baum etwas ausma- chen würde, von wem er schliesslich ge- fressen wird. Zum Schluss hast Du noch einen Wunsch für die kommende Jagdperiode offen.   Ich wünsche mir, dass die Waldbesitzer endlich aus ihrem Tiefschlaf erwachen und sich bewusst werden, dass sie und nicht die Gemeindeförster die Verant- wortung für die Erhaltung unserer Wäl- der tragen. Von den neuen Jagdpäch- tern erhoffe ich mir 2 offene Ohren für unsere Anliegen und eine grosse Por- tion Mut und Durchstehvermögen, um die bevorstehenden Aufgaben zu be- wältigen.
	        

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