Volltext: LGU Mitteilungen (1990) (14)

LGU-Mitteilungen Juni 1990 Im September letzten Jahres wurde das Fachgutachten «Integrale Schalenwildbe- wirtschaftung im Fürstentum Liechten- stein», erarbeitet durch das Forschungs- institut für Wildtierkunde des veterinär- medizinischen Instituts der Universität Wien unter Leitung von o. Univ. Prof. Dr. Kurt Onderscheka veröffentlicht. Die Frage der Einführung von Rotwild- Wintergatter hat in der Zwischenzeit zu heftigen Diskussionen geführt Naturschutzpostulate bestätigt Das Fachgutachten hat eine ganze Reihe von Naturschutzpostulaten der LGU be- stätigt. Es wird darin nachgewiesen, dass die natürliche Waldverjüngung gefährdet ist. Lediglic auf  12 Prozent der Waldflä- chen ist eine standortgemässe Waldver- jüngung ausreichend vorhanden. Beson- ders kritisch ist die Situation im Schutz- waldbereich zu beurteilen. Die Hauptur- sache für die gestörte Naturverjüngung liegt im Wildverbiss. Was von Seiten der Jagd immer bestritten wurde, ist jetzt be- stätigt worden. Wir haben in Liechten- stein zu hohe Wildbestände im Verhältnis zu den noch vorhandenen Wildbiotopen und ihrer Qualität. Die Anpassung an die Biotoptragfähigkeit bedingt daher eine drastische Reduktion der Rot-, Reh- und Gamswildbestände. Es muss aber betont werden, dass die hohen Wildbestände deshalb so dramati- sche Auswirkungen haben, weil viele Wildlebensräume durch verschiedene Ur- sachen bedroht, gefährdet oder zumin- dest gestört sind. Die Siedlungsausdeh- nung, der zunehmende motorisierte Ver- kehr, aber auch die immer intensiver wer- dende Freizeitnutzung der Wildlebens- räume durch Jogger, Spaziergänger, Wanderer, Mountain-Biker, Varianten- skifahrer, Skitourengänger usw. bedro- hen das Wild. Aus diesem Umstand leitet sich die For- derung der LGU nach Ruhezonen für das Wild ab, die durch das Fachgutachten vollumfänglich bestätigt wird. Im Gut- achten werden Ruhezonen im Umfang von 24 Prozent der Landesfläche gefor- dert. Den Kern der Ruhezone würde da- bei das geplante Schutzgebiet «Unteres Saminatal» bilden. Auch auf den restli- chen Flächen ist aber ein umwelt- und wildverträgliches Freizeitverhalten anzu- streben. 
Wintergatter — eine Scheinlösung Das Fachgutachten plädiert für die Ein- führung von Rotwild-Wintergattern, um das Wald-Wild-Problem zu lösen. In die- sem Punkt kommt die LGU jedoch zu einem anderen Schluss. Ein Wintergatter umzäunt eine Fläche von rund 50 Hektaren. In Liechtenstein werden Standorte in den Revieren Sass, Valüna und Lawena ins Auge gefasst. Das Rotwild soll im Winter bis zur Aus- aperung in den Gattern eingesperrt und durchgefüttert werden. Im Fachgutach- ten wird dies damit begründet, dass auf diese Weise ein jagdlich interessanter Rotwildbestand erhalten werden kann. Aus der Sicht der LGU sprechen mehrere Gründe gegen die Wintergatter. Reh- und Gamswild nicht betroffen Das Wald-Wild-Problem wird durch Win- tergatter nicht gelöst, weil das Reh- und Gamswild hiervon nicht betroffen ist. Das Rehwild verursacht in den Tief- und Mittellagen, das Gamswild in den höher gelegenen Schutzwäldern erhebliche Schäden. Es muss zudem bezweifelt wer- den, dass sich das gesamte Rotwild im Gatter einfindet. Ob das restliche Rot- wild ohne Ausnahme abgeschossen wird, wie es die Idee des Wintergatters vor- sieht, muss ebenfalls in Zweifel gezogen werden. Biotoptragfähigkeit hat Vorrang Abgesehen von der Frage, inwieweit Rot- wild im. Wintergatter eher mit Tierhal- tung als mit freier Wildbahn zu tun hat, muss auch die Frage Aufgeworfen wer- den, ob die Bestandesgrösse des Rotwil- des von den Bedürfnissen der Jagd dik- tiert werden soll. Es darf nicht vorrangig sein, dass der Wildbestand eine jagdlich interessante Grösse aufweist, sondern dass der Wildbestand der Lebensraum- grösse und -qualität angepasst ist. Abschussplan endlich erfüllen Der  Abschussplan bleibt mit oder ohne Wintergatter das zentrale Instrument. In der Vergangenheit wurden die Abschuss- 
pläne mit wenigen Ausnahmen nie er- füllt. In den kommenden Jahren wird aber der Abschussplan für Rot-, Reh- und Gamswild sogar noch massiv angeho- ben werden müssen — mit oder ohne Win- tergatter. Bevor also die Wintergatter eingeführt werden, sollte strenger darauf geachtet werden, dass die Abschusspläne erfüllt werden. Landschaftseingriff Die Wintergatter stellen natürlich auch einen Landschaftseingriff dar und sind bewilligungspflichtig. Zudem schränken sie die Begehbarkeit der Landschaft ein, ohne in ein entsprechendes Konzept ein- gebettet zu sein. Es werden somit neue Sachzwänge geschaffen. Waldverjüngung bleibt fraglich Die Waldverjüngung im Wintergatter dürfte schwer werden. Da es sich insge- samt um eine Fläche von rund 150 ha handelt, ist dieser Faktor nicht zu ver- nachlässigen. Ausserdem ist zu beden- ken, dass das Wild nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer Waldschäden verursacht. Eine Anpassung der Bestän- de nach unten ist daher auch mit Winter- gattern unerlässlich. Wer soll das bezahlen? Die Kostenfrage ist momentan noch nicht befriedigend abgeklärt. Es ist fraglich, ob der Jagdpachtzins, der bisher den Alpge- nossenschaften und den Gemeinden zur Verfügung gestellt wurde, für die Winter- gatter verwendet werden kann. Es könn- te durchaus sein, dass hier die Rechnung ohne den Wirt gemacht wird. Ersten Schritt vor dem zweiten tun Die Eile, mit welcher nun die Frage der Wintergatter diskutiert wird, stellt die richtige Vorgehensweise auf den Kopf. In einer Diskussionsrunde am 12. Januar dieses Jahres in Balzers wurde bereits heftig über die Wintergatter diskutiert. Von amtlicher Seite wurde angekündigt, in dieser Frage bis zum Mai eine Ent- scheidung zu treffen. In der Folge haben sich die Jäger, die Gemeindeförster und die LGU pointiert für oder gegen die Wintergatter ausgesprochen. Während die Jägerschaft die Wintergatter begrüsst,
	        

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