zuverlässigen Kenner beurteilen und richtig
benennen zu lassen. Die fürstliche Domänenver-
waltung sollte fachliche Untersuchungen anstel-
len lassen, insbesondere auch über die «schlimme
Seite unserer Weine». Gemeint ist der Umstand,
dass diese schon im August und September
«rückwärts gehen und auffallend an Güte verlie-
ren».
Auch eine Weinpansch-Affäre erregt die Gemü-
ter. Weinhändler aus Ragaz und Trübbach sollen
neuen Vaduzer Kretzer gekauft und diesen in ihre
mitgebrachten Fässer geleert haben, in denen sich
«noch etliche Viertel *) alter, verdorbener, essig-
saurer Kretzer befanden». Die Händler sollen
auch «ordinären weissen Wein» in den Kretzer
gemischt haben. Der Zeitungskorrespondent
weist zurecht darauf hin, «dass ein solcher Misch-
masch, den man vielleicht auswärts für Vaduzer
ausschenken möchte, den anerkannten Ruf unse-
res Weines beeinträchtigen muss». Die betreffen-
den Weinhändler bezeichnen diese «schauerliche
Geschichte» als Lüge. Sie hätten lediglich circa
105 Mass **) recht guten Bündner Sauser, der
dem Vaduzer in Nichts nachstehe, in ihre Fässer
verteilt. Die Gewährsmänner des Berichterstat-
ters, vier Vaduzer Bürger, halten ihre Behauptun-
gen aufrecht und sind bereit, vor Gericht zu
gehen.
Ein Besuch in der erwähnten Landwirtschaftsaus-
stellung vermittelt auch ein Bild des Obstbaus in
der Gemeinde. Der Vaduzer Oberlehrer Hinger
hat die Obstausstellung im Schulzimmer aufge-
baut. Eine Vielzahl von Sorten an Wirtschafts-
obst (zum Dörren, Mosten, Kochen) und feinem
Tafelobst ist in der Sammlung von Vaduz vertre-
ten. Selbst der Herr Landesverweser ist an der
Konkurrenz beteiligt und stellt «wirkliche
Prachtsexemplare» an Äpfeln aus. Neben Apfeln
und Birnen finden sich auch Quitten, «Paradies-
äpfel» und sogarFeigen! Oberlehrer Hinger zeigt
«ein 25 Nummern zählendes, nach Klassen
geordnetes und pomologisch richtig benanntes
Sortiment von Äpfeln und Birnen» sowie «einen
Katalog über die in seiner Baumschule ange-
*) 1 Viertel = ca. 14 Liter
#1 1 Mass = ca. 1,4 Liter
pflanzten 23 Äpfel- und 23 Birnensorten . . . unter
3eigabe des Lokal-oder Provinzial-Namens und
der entsprechenden Notizen». Auch beim Obst
wird eine «grosse Namenverwirrung» beklagt.
Wiederholte Ausstellungen sollen «Ordnung in
dieses Chaos bringen». Klagen werden auch laut
ber Obstdiebstähle, «denn nicht nur die lüsterne
Jugend, sondern auch viele begehrliche Erwach-
sene betrachten die Obstbäume und deren
Erträgnis als gemeinschaftliches Gut». Gefordert
werden «exemplarische Geld- oder Gefängnis-
strafen gegen Obstdiebe und Baumverderber»
und der Einsatz «verpflichteter Feldhüter»!
Nur wenige Fluren in Vaduz sind für Acker- und
Gemüsebau geeignet. InFrage kommen teilweise
die Altzehntlagen und etwas erhöhtes
Schwemmland in der Talebene, insbesondere in
Rheinnähe. Eine solche ältere, früher als Gemein-
denutzen verteilte Ackerflur, ist das «Mühlehöl-
zli». Hauptsächlich angebaut werden Mais und
Kartoffeln. Über die «Türkenkultur» ist in der
Landeszeitung zu lesen: «Unsere Leute bauen
ahraus jahrein den herrlichsten Türken auf dem
gleichen Boden, von Fruchtwechsel keine Rede,
höchstens wird einmal mit Weizen oder Roggen
abgewechselt. Diese Resultate verdanken sie ein-
zig dem vorzüglichen Verfahren in der Düngung
des Maisfeldes, indem bei der Aussat in jedes Saat-
loch ein Kübel voll Abtrittgülle gegossen und
dann das Samenkorn erst eingelegt wird. Im
Sommer werden die Pflanzen mit dem gleichen
Dünger noch ein Mal begossen. Das Verfahren ist
zostspielig, aber von eclatantem Erfolg begleitet.»
An der Landesausstellung sind neben Mais, Kar-
‚offeln, verschiedenen. Getreide- und Gemüse-
sorten auch Hanfstengel, Hanffasern und feiner
Flachs, weisse Mohnsamen, Raps- und Leinsa-
men samt daraus hergestellten Ölen zu sehen.
Der landwirtschaftliche Verein hat die Einfüh-
zung der Seidenraupenzucht angeregt. Hofka-
plan Fetz, «für landwirtschaftliche Fragen über-
haupt interessiert», greift diese Anregung auf und
möchte zum Vorteil der Hofkaplaneipfründe
Maulbeerbäume anpflanzen. Er bittet die Regie-
rung um Erlaubnis, Pfrundgelder (20-30 Gulden)
für den Ankauf verwenden zu dürfen. Der
Bescheid der staatlichen Aufsichtsbehörde über
das Pfrundvermögen ist ablehnend.