Volltext: Die politischen Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein

ihrer Lebensbedürfnisse bewirtschafteten und unterhielten.19 Schon zur Zeit der Übernahme des heute liechtensteinischen Gebietes durch die Freiherren von Brandis hatte der rein genossenschaftliche Charakter der Nachbarschaften vermudich eine politische Ausprägung erhalten.20 Sicher ist, dass die Dorfgenossenschaften bis zur Übernahme der beiden Landschaften durch das Fürstengeschlecht der Liechtensteiner als poli­ tische Aufgaben das Recht der Armenfürsorge, das Bussenrecht, das Recht der Satzungshoheit und das Recht der Aufnahme und Abwei­ sung von Fremden besassen.21 In der Versammlung ihrer Dorf- oder Gemeindsgenossen gaben sich die Dorfgemeinden eigene Ordnungen zur Regelung des genossenschaftlichen Zusammenlebens, fassten Beschlüsse über die Nutzung des Gemeindevermögens22 und wählten ihre Dorfammänner. Die Verwaltung der Gemeinde war auf die Geschworenen aufgeteilt, die vom Landammann in Eid und Pflicht genommen wurden. Der Dorfammann hatte die Aufgabe, für die Ord­ nung und die Schlichtung von Streitigkeiten in der Gemeinde zu sor­ gen. Zugleich vertrat er die Dorfgemeinde nach aussen und gegenüber der Landesherrschaft.23 Er beaufsichtigte Feld, Wege und Wuhren, war für den Schutz von Witwen und Waisen zuständig und hatte die Pflicht zur Anzeige von «argwöhnischen und malefizischen Personen»24. Dem 19 Ospelt, Diss., S. 109; Information zur Gemeindegesetzrevision, S. 2. 20 Diese Vermutung stellt Büchel, Gemeindenutzen, S. 4, auf. Da verschiedene Genos­ senschaftsrechte, wie die Armenfürsorge, das Bussenrecht, das Recht, Fremde auf­ zunehmen oder abzuweisen und das Recht der Satzungshoheit mit der ausdrück­ lichen Bestätigung durch Graf Ludwig v. Brandis den Dorfgemeinden im Jahre 1496 zuerkannt wurden, geht Büchel davon aus, dass jene Rechte «schon lange früher bestanden». Eigene Quellen liegen nicht vor, jedocn lässt sich jene Vermutung inso­ weit verstärken, als Quellen über den übrigen churrätischen Bereich (Vorarlberg)eine solche Entwicklung bestätigen. Dr. Alois Ospelt, Landesarchivar, im Gespräch. Dazu Bilgeri, Bd. II, S.79ff. 21 Büchel, Gemeindenutzen, S.4; Dazu die Information zur Gemeindegesetzrevision, S. 3f. Die Dorfgenossen entwickelten im Laufe der Zeit ein zunehmendes Selbstbe: wusstsein. Während anfänglich neue Zuzüger als weitere Genossen zur Stärkung des Wirtschaftsverbandes gern aufgenommen wurden, bewirkte die Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung (Bevölkeruneswachstum, verstärkte Arbeitsteilung, Auf­ kommen nichtlandwirtschaftlicher Schichten), dass das landwirtschaftliche Gut knapp wurde und sich die Gemeindegenossen als Eingesessene abkapselten. Es bil­ dete sich das Gemeindebürgerrecht. Die Nutzung am Gemeindegut musste durch ein Zuzugsgeld erworben werden, und die in der Gemeinde Niedergelassenen und am Gemeindegut nicht beteiligten Personen mussten ein jährliches Landesschutzgeld, das sogenannte «Hintersässgeld» entrichten. Dazu auch Büchel, Gemeindenutzen, S.62f.; Ospelt, Diss., S. 50. 22 Büchel, Gemeindenutzen, S. 79. 23 Büchel, Gemeindenutzen, S. 3. 24 Kaiser/Büchel, S. 404. ' • • 18
	        

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