Volltext: Die politischen Gemeinden im Fürstentum Liechtenstein

standes, welcher ihr zur Beratung und Beschlussfassung unterbreitet werden soll, schriftlich zu verlangen. Die Gemeindeinitiativen dienen dazu, «in geregelten, demokratischen Verfahren Änderungen... der Gemeindeordnungen oder Verwaltungsakte zur Diskussion zu stel­ len».84 Materielle Voraussetzungen der Gemeindeinitiative sind, dass sie nicht offensichtlich gesetzeswidrige Begehren enthalten85 und nicht in den Kompetenzbereich einer anderen Gemeindebehörde oder einer Landesbehörde fallen.86 Nach der Rechtsauffassung des StGH87 müssen die Gemeindeinitiativen darüber hinaus landesrechtskonform sein und dürfen nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben Verstössen, nicht offensichtlich undurchführbar oder unmöglich und nicht rechts- missbräuchlich sein. Entspricht die Gemeindeinitiative diesen Voraus­ setzungen, so muss der Gemeinderat binnen 14 Tagen das ihm vom Gemeindevorsteher zu unterbreitende Initiativbegehren der Gemein­ deversammlung (oder der Bürgerversammlung) zur Beratung und Beschlussfassung vorlegen.88 Das Gemeindereferendum89 ist ein politisches Recht90, welches einem Sechstel der Stimmberechtigten einer Gemeinde den öffentlich-rechtli­ chen Anspruch einräumt, einen Beschluss des Gemeinderates zur Abstimmung vor die Gemeindeversammlung (oder Bürgerversamm­ lung in den die Bürgergemeinde betreffenden Fällen) zu bringen. Das 84 StGH 1983/5 in LES 1984, S. 62ff. (65). 85 Art. 28 Abs. 1 GemG. 86 Art. 28 Abs. 3 GemG. 87 StGH 1984/2 in LES 1985, S. 65. 88 Wichtige Entscheidungen des StGH zum Gemeindeinitiativrecht sind: StGH 1983/5 in LES 1984, S.62; StGH 1984/2 in LES 1985, S. 65. Die Entscheidung des StGH 1984/2 befasst sich mit einer Gemeindeinitiative zu einem Finanzbeschluss eines Gemeinderates. Diese Entscheidung behandelt das Gemeindeinitiativrecht als verfas­ sungsrechtlich gewährleistetes Recht der Gemeindebürger, obwohl die Verfassung weder in Art. 110, 1101"* noch in Art. 64 das Gemeindeinitiativrecht erwähnt. Verfas­ sungsrechtlich ist das Initiativrecht ausdrücklich nur in Landesfragen garantiert (Art. 64 Verf.). Wenn der StGH das Gemeindeinitiativrecht als politisches Recht mit Verfassungsrang versieht (S. 68), dann kann der verfassungsrechtliche Schutz doch wohl selbst bei analoger Anwendung nicht weiter gehen als beim Initiativrecht in Lan­ desangelegenheiten. In Landesangelegenheiten jedoch gibt es gegen Finanzbeschlüsse des Staates nur die Möglichkeit der Erhebung des Referendums (Art. 66 Verf.), nicht aber das Recht der Initiative. Das schliesst natürlich nicht aus, dass in Gemeindeange- legenheiten ein Finanzinitiativrecht auf blosser Gesetzesstufe eingeräumt wird, nur handelt es sich dann nicht um ein verfassungsmässig gewährleistetes politisches Recht. 89 Art. 29 GemG. 90 Gutachten StGH vom 11.12.1979, StGH 1979/1 in LES 1982, S. 116ff. (117). 111
	        

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