Volltext: Die Stellvertretung des Fürsten

Ordnung und die tatsächliche Praxis fest. Dem Monarchen kommt eine Mittlerrolle zwischen Regierung und Volksvertretung zu, und zwar nicht etwa in dem Sinn, dass Volksvertretung und Regierung auf der einen Seite und der Monarch auf der anderen Seite stehen; ebenso wenig gilt das Prinzip: Fürst und Regierung auf der einen Seite, Volksvertretung auf der anderen. Der Fürst ist vielmehr das Bindeglied zwischen beiden. Das bringt Art. 78 der Verfassung in geradezu klassischer Weise zum Ausdruck, wo die Regierung als dem Landesfürsten 
und der Volksvertretung (Landtag) verantwortlich be­ zeichnet wird. Andererseits ist nach Art. 79 (2) der Verfassung der Fürst bei Ernen­ nung der Regierung an das Einvernehmen mit dem Landtag und auf dessen Vorschlag angewiesen. Der Landesfürst ist also nicht in der Lage, die Regierung frei zu bestellen. Der Vorschlag des Landtages ist vielmehr die Voraussetzung der Bestellung. Da andererseits wiederum Einvernehmen erforderlich ist, ist der Lan­ desfürst nicht verpflichtet, die vorgeschlagenen Minister zu ernennen. Er ist also nicht ein blosses Vollzugsorgan des Landtages.24 Soweit die Verfassung die Ausübung der Vollziehung nicht der Regierung oder dem Fürsten im Einvernehmen mit der Regierung vorbehält, ist der Fürst in der Lage, die Regierung anzuweisen, in gewissem Sinne vor­ zugehen, allerdings eingeschränkt durch die Art. 85 und 93 der Ver­ fassung.25 Insofern ist die Kompetenzvermutung zugunsten des Lan­ desfürsten bestätigt.26 Die vom Fürsten abhängige Regierung könnte allerdings mit einem Misstrauensvotum des Landtages belegt werden. Dies zwingt aber den Fürsten noch nicht zur Entlassung; insofern ist er nicht an den Willen des Landtages gebunden.27 Freilich kann ein solches Vorgehen 24 So auch Pappermann, a.a.O., 107, 119. 25 So auch Marxer, Die Organisation der obersten Staatsorgane in Liechtenstein, Diss. iur., Innsbruck 1924, 94; Pappermann, a.a.O., 119. 29 Ähnlich auch H. Wille, a.a.O., 134. 27 So auch Nawiasky, Gutachten, 5; Marxer, a.a.O., 18—19; in gleichem Sinn Steger, a.a.O., 70, dortige Anm. 16; anderer Meinung: Spillmann, Die rechtliche und politische Lage des Fürstentums Liechtenstein nach dem Weltkrieg, Leipzig 1933, 18. 80
	        

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