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daß Ulrich nicht bloß aus dem eigenen Kopfe handelte, sondern
mit seiner Idee ganz im Geiste der Zeit stand, und daß er
nicht Gelächter erregte, sondern mit dem Unternehmen Ruhm
und Ehre davon trug. Es konnte aber auch nicht ein jeder
eine solche Fahrt vollführen, denn er mußte zuerst reich genug
sein, um die nicht geringen Kosten zu tragen, und zweitens
mußte er sich einen starken, sattelfesten, turniergewohnten Ritter
fühlen, der seiner Lanze sicher war, um die lange Reihe der
Kämpfe mit Ehren zu bestehen.
Am festgesetzten Tage, den Tag nach St. Georgen erhob
sich denn Ulrich zu Mcstre unter großem Zulauf des Volkes.
Voran ritten sein Marschalk und sein Koch selbfünftc; dann
folgte das schwanenweiße Banner mit zwei Posaunenbläsern
zu Pferde, sodann drei Saumrosse mit drei Buben, die daneben
liefen, darauf drei Rosse mit silberweißen Sätteln, geführt
von drei Knappen, und dabei Ulrichs weißer Schild und sein
Helm mit reicher Krone; darauf kamen ein Flötenbläser und
drei wohlgekleidete Knechte, von denen jeder in der Hand drei
zusammengebundene Speere führte; hinter ihnen ritten zwei
Mägde, ebenfalls in weißer Kleidung, und zwei Fideler, die
wohlgemuth eine hohe Reiscnote, d. h. einen lustigen Marsch,
fidelten. Endlich kam sie selber, Frau Venus, in einem Ober
kleide von weißem Sammt, mit einem weißen, perlenbesetzten
Hut; zwei Zöpfe, braun, groß, lang und reich mit Perlen
bewunden, schwangen sich herab bis aus den Gürtel; unter
dem Oberkleidc saß ein kostbares Röckelein und darunter ein
weißes Hemde mit zwei schönen Frauenärmeln; die Hände
waren mit wohlgewirkten seidenen Handschuhen bedeckt.
Unter dem Andrang des Volkes fragte Ulrich, ob Ritter
da wären; wohl tausend, wurde ihm geantwortet, die zu stechen
wünschten, aber der Podesta von Treviso erlaube es nicht, es
sei denn, wer fünftausend Pfund zahle; er sei ein zorniger
Mann, der auf Freude nichts gebe und nie lache. So zog
denn Ulrich noch ohne Kampf von Mestre nach Treviso, wohin