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sich einen kräftigen Fürsten zu wünschen. Worin die bereits
geleisteten Verdienste bestanden, um derentwillen Heinrich die
Schenkung erhielt, können wir freilich nicht sagen; möglich auch,
daß die noch zu erwartenden Verdienste dabei eine Rolle spielten,
und Ottokar sollte darin nicht getäuscht werden.
Diese Vermuthung von jenen Zusammenkünften zu Brünn
stimmt auch mit den Begebenheiten in Böhmen wohl überein.
Im Jahr 1248 hatte der Markgraf gegen seinen Vater einen
erfolgreichen Aufstand unternommen und war zum Mitregenten
gemacht worden, sodaß beide im Jahre 1249 in Eintracht und
gemeinsamem Handeln erscheinen und erscheinen konnten. Im
Jahr 1250 aber machte der Vater wieder eine Art Gegenrevo
lution gegen den Sohn, die ebenfalls gelang, aber für eine
Weile alle Gedanken ans Oesterreich in den Hintergrund drängen
mußte. Daher konnte es kommen, daß Heinrich von Liechtenstein
bei den immer mehr verschlechterten Zuständen seines Vaterlandes
an jener Gesandtschaft nach Meissen theilnehmen konnte, weil er
aus den Markgrafen Ottokar, der sich selbst in der Gefangenschaft
seines Vaters befunden haben soll, nicht mehr rechnete. Die Ge
sandtschaft rief dann in König Wenzel die alten Pläne wieder
wach, und wir können uns nunmehr leicht erklären, wie Heinrich
von Liechtenstein erneuert auf sie einging und ihnen zum Gelingen
verhalf.
In eben diesen Jahren finden wir Heinrichs noch ein
paarmal urkundliche Erwähnung. Im Jahr 1249 bezeugte er
im September zu Haimburg, wo sich bekanntlich die Königin
Margaretha in ihrer Wittwenzeit aufhielt, eine Urkunde derselben,
womit sie den Deutschherren ihre eigenthümlichen Güter in Erd
berg, die ihr von ihrem Vater Herzog Leopold und ihrem Bruder
Herzog Friedrich erblich angefallen, als Geschenk übergibt^).
Wir sehen hieraus zugleich, daß Heinrich nicht das ganze
Jähr in Mähren bei dem Markgrafen Ottokar zugebracht haben
i) Sam bud) er, Oesterr. Interregnum, Anhang 21.