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Ob und zu welchen Unternehmungen des Kronprinzen
Friedrich lebhafter, kühner und ruhmbegieriger Geist bereits ent
schlossen war, das wußte man nicht und ahnte man nicht. Man
hatte nur die Furcht, daß mit seiner Thronbesteigung große
Aenderungen eintreten, vielleicht überraschende Pläne zur Aus
führung gelangen würden, dachte sie aber nicht fertig oder nicht
direct gegen Oesterreich gerichtet und hoffte daher den künftigen
König noch für das Interesse des Kaiserhauses zu gewinnen. In
dieser Beziehung war daher die Sendung des Fürsten Wenzel
allerdings wohl eine vergebliche, seine Aufgabe eine unerfüllbare,
was er freilich so wenig wußte wie Bartenstein, der Verfasser
seiner Instruction, der sonst wie kein zweiter über die Ange
legenheiten der Politik und der Höfe unterrichtet war.
Konnte der Fürst auch die Pläne der Zukunft nicht ab
wenden, so gelang es ihm doch, das Vertrauen des Kronprinzen
Friedrich zu gewinnen und das Verhältniß, in welchem er bereits
mit ihm stand, zu wahrer Freundschaft auszubilden. Der Kron
prinz konnte einen Mann wie den Fürsten Wenzel, einen Mann
von hohcin Geist, von der edelsten Gesinnung und der feinsten
menschlichen und weltmännischen Bildung, von Wohlwollen und
Aufrichtigkeit nur in höchstem Grade schätzen. Es gelang dem
Fürsten eben das, wie mit manchen anderen bedeutenden Männern
Berlins, so auch mit dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau,
dem sogenannten alten Dessauer, trotz der kurzen Zeit, welche
sein Aufenthalt in der preußischen Residenz dauerte.
Der Fürst selbst hatte von Anfang an seine Sendung nur
als eine außerordentliche betrachtet und hatte darauf gerechnet,
wie auch aus den Briefen des Kronprinzen hervorgeht, noch
an dem Feldzug des Jahres 1735 am Rhein theilzunehmcn.
Dies geschah allerdings nicht, wenn er auch wirklich noch ein
mal vor dem Frieden bei der Armee gewesen zu sein scheint. Er
war im Anfang des Jahres 1735 nach Berlin gekommen. Ende
April hatte er bereits dem Kronprinzen seinen Entschluß, die
Campagne mitzumachen, gemeldet, und für den 17. Mai er-