Volltext: Liechtenstein in Europa

wenig linderte. Die Verfassungsfrage scheiterte an der Eigenstaatlich­ keit der Bundesstaaten — damit aber war die Paulskirche am Ende. Revolution und Nationalversammlung von 1848/49 haben für die Selbständigkeit Liechtensteins tiefe Spuren gezogen. Deutlich wurde, dass, da die Schweizer Alternative nicht denkbar und der Fürst dem Kaiserhaus viel zu eng verbunden war, auch das Fürstentum durch österreichisches Gebiet vom übrigen Deutschland abgetrennt war, Liechtenstein nicht anders konnte, als weitgehend den österreichi­ schen Entwicklungen zu folgen. Die Ideen des Liberalismus fanden ihre Grenzen an der Realität: die Paulskirche und ihre Erfahrungen hatten in vieler Hinsicht ernüchternd gewirkt. Während aber in den kleineren Staaten Deutschlands die Impulse des Nationalgefühls als mächtige Unterströmung fortwirkten, geriet Liechtenstein — Fürst und Volk — wie kein anderes Land zwischen die Fronten. Für den Fürsten war die Entscheidung klar, dem Land blieb keine andere Wahl: man wird konstatieren müssen, dass die Erfahrungen der Paulskirche die Möglichkeit einer nationalen Lösung ohne Österreich für Liechtenstein als irreal erscheinen Hessen, dass seine Bindung an das Schicksal des Kaiserstaats offenbar wurde. Der Traum Peter Kaisers von einem liberalen Liechtenstein Hess sich gegen Österreich und gegen die Reserve eines diesem eng verbundenen Fürsten nicht realisieren. Das hat es dem Land erleichtert, sich der Phase der Reak­ tion zu fügen. So gut die liechtensteinische Geschichte des 19. Jahrhunderts erforscht ist, so sehr bleibt die Gestalt des Fürsten Alois II. ein Schemen104. Man wird jedoch seine Rolle nicht gering schätzen dürfen. Paradoxer­ weise war die Situation unter Johann I., einem josephinisch gepräg­ ten Autokraten, sehr viel einfacher. Alois II., u. a. erzogen von Fried­ rich Schlegel, weitgereist, nicht ohne romantische Züge, wie die Aus­ gestaltung von Eisgrub105 erweist, zeigte durchaus moderne Tenden­ zen — er war langjähriger erfolgreicher Vorsitzender des landwirt­ 101 
Vgl. die Anm. 72. 105 Eisgrüb wurde im neugotischen Tudor-Stil umgebaut. Darin drückte sich nicht nur der Kunstsinn des Fürsten aus. Die. Neigung der österreichischen ]ünd deut­ schen Hocharistokräten zum Stil der englischen; Gotik, scheint mir ein'starkes Identifikationsbedürfnis mit einer Gruppe^ des europäischen'Adels zu zeigen,- der es am besten-gelungen war, deri; Ausgleich'mit den gefährlichen, die alt-euro­ päische Welt bedrohenden modernen: Kräften in * Staat und Gesellschaft zu erreichen. Zum Umbau von Eisgrüb, vgl. Stekl, Aristokraten, S. 177. 86
	        

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