Volltext: Liechtenstein in Europa

Schuppler verteidigte auf der ersten Sitzung am 15. März 1819, die nach einer Messe standfand, die geringen Kompetenzen — deutlich distanzierte er sich von den republikanischen Verfassungen der Schweizer Kantone. Das Vaduzer Landtagsleben verlief ruhig: ein parlamentarischer Vor- stoss, die Steuern zur Durchsetzung von Petitionen zu benützen, scheiterte — die Versuche, die Kosten für dritte Instanz und Bundes­ tagsgesandtschaft los zu werden, gingen fehl, da diese Attribute der Souveränität waren. Der Vorgang, in den praktischen Folgen bitter für die Untertanen, die von der grossen Politik des Deutschen Bundes wenig Eindruck hatten, war paradox: der Fürst konnte das Land schwerlich von Belastungen dispensieren, die wichtigste Annexe der Souveränität darstellten; hätte er die Kosten auf sich genommen, wäre die absolutistische Komponente nach aussen offenbar geworden. Daneben spielte sicher auch die Frage der Kostenabschätzung eine Rolle. Schuppler aber geriet so böse zwischen die Fronten. 1825 gab es eine Krise, als ein selbstbewusst gewordener Klerus durch Boykott der Sitzungen seine altständischen Privilegien zu erneuern suchte: ein Vorgang zwischen den Spielregeln Alteuropas und dem neuen entstehenden politischen Katholizismus63. Dass der liechten­ steinische Klerus meist in Chur, nicht in Brixen ausgebildet und dabei wohl nicht nur mit Chrisma,' sondern auch mit manchem Tropfen demokratischen Öls gesalbt wurde, dürfte ein nicht zu unterschätzen­ der Faktor der liechtensteinischen Geschichte bis an die Schwelle der Gegenwart gewesen sein. Die Vorgänge von 1825, die scheiterten, waren auch ein Zeichen, dass sich der Klerus vom staatskirchlichen Geist des Josephinismus zu lösen begann. 68 H. Maier, Revolution und Kirche. Studien zur Frühgeschichte der christlichen Demokratie, 1789—1901. . 3. erg. Aufl. 1973. — F. Schnabel, Deutsche Ge­ schichte im 19. .Jahrhundert,-Bd. 4, 
31955. — Wichtig dürfte auch gewesen sein, dass Chur, die Ausbildungsstätte des liechtensteinischen Klerus, nicht von der josephinischen Kirchehpolitik erfasst worden "war — andererseits aber doch in einer Landschaft mit republikanischer Tradition lag. Zum Verhältnis zu Chur: A. Frommelt, Das Fürstentum Liechtenstein'im Bistumsverband, in: 1500 Jahre Diözese Chur, S. 211—220.— J. G. Marxer,'Das liechtensteinische Priester-, kapitel, in: JBL 34 (1934), S.. 61—83. — Vgl. auch Wille, Staat und Kirche (wie Anm. 57). — H. Dörfler,;Der Liechtensteinische Klerus von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, Diss.-Msi Graz 1981. 70
	        

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