Volltext: Liechtenstein in Europa

sehen Herrenstand hervorgegangen, hatte das Haus Liechtenstein frühzeitig in den Ländern der St. Wenzelskrone Fuss gefasst und bereits einen beachtlichen Besitz erworben, als das soziale Gefüge der böhmisch-mährischen Adelsgesellschaft nach ihrer Katastrophe in der Schlacht von Weissen Berg 1620 zur Disposition stand5. Die Rück- wendung der Häupter des Hauses zur katholischen Kirche, ein hohes finanzielles und politisches Geschick haben die Liechtenstein nicht nur zu einem der wichtigsten Gewinner der weit über Böhmen und Mähren hinaus wirksamen Umwälzung werden lassen, sondern sie auch auf Dauer zu einem bestimmenden Einfluss am Wiener Hof geführt. Dieser bedeutete in seiner barocken Gestalt das Herz der Monarchie; er stellte nicht nur die repräsentative Spitze der habsburgischen Lande dar, sondern zugleich eine Stätte der Integration für ihren Hochadel, ein überaus erfolgreiches Gegengewicht gegen die zentrifugalen Ten­ denzen der Kronländer und ihrer Landstände, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Existenz des Habsburger Reiches bedroht hat­ ten6. Der Wiener Hof leistete somit die Zusammenfassung der Erb­ lande, aber darüber hinaus auch den Ausgleich der Zentrale mit dem Reich — bis 1918 stand sein wenn auch schwindender Einfluss neben den Parlamenten. Aus dieser Stellung am Wiener Hof ist nicht nur die Bewegung des Hauses Liechtenstein ins Reich hinein zu begreifen, sondern auch sein Verhältnis zu den Landen am oberen Rhein. Dabei kreuzten sich mehrere Überlegungen. Für das Haus selbst war zentral der Gedanke an den Erwerb eines reichsständischen Territo­ riums, das die erbländische Fürstenwürde ergänzte und erhöhte, sowie an einen Platz auf dem Reichstag7. Der entscheidende Motor war der 5 Zur Geschichte des Hauses Liechtenstein immer noch grundlegend: J. v. Falke, Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein, 3 Bde., 1868—1882. — Für die Schlacht am Weissen Berg: J. Polisensky, The Thirty Years War, 1971. — H. Sturmberger, Aufstand in Böhmen. Der Beginn des 30jährigen Krieges, 1959. — Neuerdings auch die beiden Wallenstein-Biographien: G. Mann, Wallenstein, 1971. — H. Diwald, Wallenstein. Eine Biographie, 1969. 9 Zur Bedeutung des Wiener Hofes: H. Ch. Ehalt, Ausdrucksformen absolu­ tistischer Herrschaft. Der Wiener Hof im 17. und 18. Jahrhundert, Sozial- und wirtschaftshistorische Studien, Bd. 14, 1980. — Press, Erblande und Reich. — Ders., Reich und höfischer Absolutismus, in: W. Conze u. V. Hentschel (Hgg.), Ploetz. Deutsche Geschichte. Epochen und Daten, 
31983, S. 157—168. 7 C. von In der Maur, Die Gründung des Fürstenthums Liechtenstein, in: JBL 1 (1901), S. 5—80. — O. Seger, 250 Jahre Fürstentum Liechtenstein, in: JBL 68 (1968), S. 5—61. — Ders., Von Hohenems zu Liechtenstein, in: JBL 58 48
	        

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