Volltext: Liechtenstein in Europa

Das Jahr 1806 gilt als die Geburtsstunde der liechtensteinischen Sou­ veränität — 1956 wurde das Jubiläum mit der nötigen Eindringlich­ keit gefeiert2. 1806 bedeutete auch die Eingliederung, besser gesagt: die Einvernahme Liechtensteins in den Rheinbund, der nach kurzer Unterbrechung 1815 die Mitgliedschaft im Deutschen Bund folgte, die ein halbes Jahrhundert andauerte. Das gewaltsame Ende des Deut­ schen Bundes wiederum entliess Liechtenstein aus seinen politischen Bindungen und Verpflichtungen. Zugleich aber trat damit eine andere — freilich stets vorhanden gewesene — wesentliche Komponente seiner staatlichen Existenz noch schärfer hervor, nämlich die Anleh­ nung an Österreich3. Die rechtliche und politische Anbindung war unverkennbar — auch wenn es immer wieder deutliche Momente der Distanzierung und bewusst behaupteter Autonomie gab. Der ge­ schickt formulierten Neutralität von 1914—1918 stand noch einmal die Tatsache gegenüber, dass mehrere Mitglieder des Fürstenhauses nicht nur in den Diensten des Wiener Kaisers standen, sondern dass eine ganze Reihe von ihnen auch in den Armeen Österreich-Ungarns fochten: das Fürstentum bekam auch den wirtschaftlichen Druck der Ententemächte zu spüren4. Das Haus Liechtenstein und der Wiener Hof Es war also die besondere Stellung des Landesherrn zum Wiener Hof, die als ein bestimmender Faktor der politischen Entwicklung des Fürstentums immer wieder zum Tragen kam. Diese Position spielte schon beim Erwerb und bei der Zusammenfassung der Herrschaften Vaduz und Schellenberg 1712, bei ihrer Erhebung zum Fürstentum Liechtenstein 1719 eine entscheidende Rolle. Aus dem österreichi- 2 Vgl. G. Malin, Die Souveränität Liechtensteins, in: JBL 55 (1955), S. 5—22. 3 Wenn sich das Fürstentum Liechtenstein gern auf die Traditionsstränge zum alten Reich beruft, so gilt diese Kontinuität bis 1918 auch für die politische Zuordnung zu Österreich — die kleineren katholischen Territorien des alten Reiches bis 1803/6 waren allesamt der österreichischen Klientel zuzuzählen, sie unterstützten die habsburgische Politik in den Gremien des Reiches und bildeten eine wesentliche Voraussetzung der kaiserlichen Stellung im Reich. Vgl. V. Press, Die Erblande und das Reich von Albrecht II. bis Karl VI. (1438—1740), in: R. A. Kann — F. Prinz, Österreich und Deutschland. Ein bilaterales Geschichtsbuch, 1980, S. 44—88. — Ders., Das römisch-deutsche Reich — ein politisches System in verfassungs- und sozialgeschichtlicher Be­ trachtung, in: H. Lutz, G. Klingenstein (Hgg.), Spezialforschung und «Ge- samtgescmchte». Beispiele und Methodenfragen zur Geschichte der frühen Neu­ zeit. Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 8 (1981), S. 15—47. 4 Raton, Liechtenstein, S. 59 f. 47
	        

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