in Europa durch eine Offensive von Friedensschalmeien zu unterlau fen. Weisen wir darauf hin, dass diese doppelte Strategie seit Lenin in der marxistisch dialektischen Analyse von Kräfteverhältnissen bestens begründet ist. öffentlich deklariertes Ziel der sowjetischen Politik ist seit 1954 ein «Gesamteuropäisches System der Sicherheit». Der Warschaupakt von 1955 enthält in Artikel 11 eine Klausel, die seine Auflösung vorsieht, sobald dieses System geschaffen ist. Die sowjetische Aufrüstung wird als «verdeckte strategische Dimension» parallel zur «Friedenspolitik» vollzogen. In der ursprünglichen Vorstellung der Sowjetunion sollte eine Frie^ denskonferenz alle europäischen Völker inklusive Russland, aber ohne USA und Kanada, vereinen. Die Konferenz sollte zur Demonstration aller «friedliebenden Kräfte» gegen den amerikanischen Militärismus werden. Ein bedeutender Abstrich an diesem Projekt erfolgte 1965, nachdem die Bundesrepublik längst Mitglied der Nato war. USA und Kanada wurden zur Teilnahme aufgefordert.9 Im Vordergrund des sowjetischen Interesses steht 1965 und weiterhin die «Lösung der deutschen Frage». Nachdem die Sowjetunion durch mehr als zwei Jahrzehnte die Teilung Deutschlands betrieben hatte, geht es ihr nun um die Anerkennung von zwei deutschen Staaten, indirekt natürlich um die Anerkennung der westlichen Grenze ihres östlichen Imperiums. Die Konferenz würde durch Anerkennung der Unverletzlichkeit der bestehenden Grenzen in Europa praktisch einen Friedensvertrag, der die Teilung Deutschlands besiegelt, voraus nehmen. Den schwersten Rückschlag erleidet das Konferenzprojekt, das ja eine Demonstration der Friedensliebe der Sowjetunion sein sollte, 1968 mit dem Einmarsch russischer Truppen in die Tschechoslowakei (Breschnew-Doktrin). Dennoch ist der Konferenzgedanke und die sowjetische Entspannungspolitik seit dem Jahr 1968 vor allem mit dem Namen Leonid Breschnew verbunden. 9 Der Rapackiplan von 1964, der die Neutralisierung Deutschlands vorsah, ist in diesem Zusammenhang zu sehen, ebenso aber auch das von Präsident de Gaulle vorgeschlagene «Europa vom Atlantik zum Ural» und der Vorbehalt Frankreichs gegenüber der Nato, ferner die Initiative der Bundesrepublik vom März 1966, welche eine Truppenreduktion und Friedensgarantien für Europa vorsah, und der Vorschlag Dänemarks vom Juni 1966 an die Nato, eine Ent spannungskonferenz zwischen beiden Militärbündnissen durchzuführen. 149