Volltext: Stenographischer Verhandlungs-Bericht aus dem Kriminalprozess gegen Franz Thöny, Niko Beck, Anton Walser und Rudolf Carbone

Walser über Rumänien und die dortigen Verhandlungen und 
Bemühungen gesprochen worden ist,- daß das Erfindung sei. 
das ist -ausgeschlossen. Wir müssen aus Grund der' jetzt vor 
liegenden Akten anerkennen, daß die Sache in Rumänien, 
wie man zu sagen pflegt, Hand lind Fuß hatte und daß die 
Erteilung der Konzession ganz zweifellos in allernächste Nähe 
gerückt gewesen ist. Wir dürfen uns auf das optimistische 
Schreiben Bauers, auf sein Telegramm — beides ist verlesen 
worden — Ende 1926 aus Bukarest. nach Vaduz berufen. 
Es ginge zu weit, wenn man heute Rückschau halten würde, 
und in Erkenntnis dessen, was inzwischen gegangen ist, wie 
sich Bauer inzwischen entpuppt hat, es ginge zu weit zu 
sagen, daß man schon damals, Ende 1926, Georg Bauer für 
einen Gauner hätte halten müssen, auf dessen Zusicherungen 
und Versprechungen nicht abgestellt werden dürfte. Das ginge 
zu weit. Walser -hatte den Bauer als Vertrauensmann, als 
gewandten Unterhändler an der Hand, als Berater und nota 
bene als Fachmann in Fragen von Lotterien. Er hatte damals 
keinen Grund, zu urteilen, daß Bauer des Vertrauens un 
würdig sei, daß das ein Subjekt sei, auf dessen Wort man nicht 
vertrauen könne. 
Man kann daher Walser mit Recht einen Vorwurf nicht 
machen, wenn er unter den damaligen Verhältnissen auf 
diesen Bauer vertraute und das glaubte, was ihni Bauer in 
Aussicht stellte, lind was Bauer in Aussicht stellte, war nicht 
mehr und nicht weniger, als die unmittelbar bevorstehende 
ministerielle Konzession des Lotterieunternehmens. Meine 
Herren, wäre das gelungen, was damals der Erfüllung so 
nahe war, dann säße Walser nicht auf der Angeklagebank, 
sondern dann würde er vielleicht als Retter und Vater des 
Vaterlandes gefeiert werden. 
Dann, meine Herren, zu der Annahme, der auch irgend 
wo Ausdruck gegeben worden ist, Walser hätte dann mit dem 
Gewinn aus der Lotterie machen können was er hätte wol 
len, mit anderen Worten, dann hätte er sich Liechtensteins, der 
Kasse und seines Freundes- Thöny nicht mehr erinnert. Das 
darf man nicht behaupten, das darf man nicht Präsumiereu. 
Wir wissen, daß dann die Erledigung hinausgeschoben wurde 
durch widrige Umstände, die außer der Macht der Petenten 
lagen, durch den Tod des Königs, durch den Sturz des Mini 
steriums Äverescu uud durch den Eintritt neuer Ministerien, 
die ziemlich rasch mifeinanderfolgten, und die offenbar Not 
wendigeres und Dringenderes zu tun hatte,» als sich mit die 
ser liechtensteinischen Lotterie-Angelegenheit zu befassen. Ab 
gesehen davon, waren diejenigen, bei denen in der in Ru 
mänien üblichen Form Vorarbeit geleistet wurde, vom Schau 
platz verschwunden, mit jenen Vorarbeiten, die, ltric wir wis 
sen, Geld gekostet hatten, sodatz wieder neu begonnen wer- 
den mußte. Diese Ereignisse bedingten naturgemäß eine 
neue Hinausschiebung der Erreichung des Zieles. Nun, was 
sollte in der Zwischenzeit geschahen? Jetzt verläßt Bauer sein 
Gebiet, auf dem er Fachmann war, nämlich das Lotteriege 
schäft und hat dem Walser eingeflüstert, in der Zwischenzeit 
müsse man mm ein Filnigeschäft in die Welt setzen. Da sei 
schwer Geld zu verdienen und damit könne man die Scharte, 
die durch die Verzögerung der Konzessions-Erteilung wieder 
auswetzen. Walser hat geglaubt und hat die Hand geboten 
und. hat die Mittel zur Verfügung gestellt aus den gewährten 
Krediten, aus den von der Landesbank verbürgten Krediten, 
Kiese Filmgesellschaft zu finanzieren. Ueber diese Filmgesell 
schaft sind wir wenig orientiert — das gebe ich zu —; bie 
Schuld daran ist die Verweigerung der Rechtshilfe seitens 
der rumänischen Behörde. Wir wissen aber doch wenigstens 
aus den Berichten des Hugo Thöny so viel, daß Hugo Thöny 
der. Delegierte des Verwaliungsrates dieses Unternehmens 
gewesen ist; daß er die Buchführung für dieses Unternehmen 
besorgte, und es ist eine Information zur Verlesung gelangt, 
aus der hervorging, daß die Chancen, die Situation dieses 
Filmunternehmens nicht als ungünstig bezeichnet worden 
sind. Diese Information ist dem Gerichte zur Kenntnis ge- 
bracht worden. Furchtbar viel Geld hat offenbar die Schaf- 
fung des sogenannten Lya-Films verschlungen; unverhälsins- 
inäßig viel Geld, zirka 200 000 Franken, und man ist leider 
Gottes nicht dazu gelangt, das in diesen, Film investierte 
Kapital nun auch — wie soll ich sagen — zu sructifizieren, 
auszubeuten, weil inzwischen dann die Katastrophe eingetre 
ten ist. Heute wissen wir, wo der Film ist, und ich denke, Dr. 
Budschedl wird davon Kenntnis genommen haben, und wir 
wünschen nichts sehnlicher, als daß dieser Film dazu dienen 
möge, das Land und die Kasse doch noch einigermaßen schad 
los zu halten. Ob das geschehen kann und in welchem Um 
fange, das vermag ich nicht 31t beurteilen. Es wäre sehr zu 
wünschen gewesen, wenn beim Eintritt der Katastrophe, im 
Juni 1928 man von hier dieser Sache, wie der rumänischen 
Klassenlotterie eine verinehrte Aufmerksamkeit geschenkt hätte; 
wenn man nicht bloß bis Budapest, sondern bis Bukarest ge- 
fahren wäre, um nach dem Rechten zu sehen, uni dort zu ret 
ten, was zu retten ist. Warum man nicht hinuntergefahren ist, 
warum man auf dem halben Weg Halt gemacht hat, das 
weiß ich nicht; ich vermag es nicht zu beurteilen. Nun, meine 
Herren, ist es richtig, daß die Mittel für dieses Unternehmen 
in Rumänien flüssig gemacht werde,: konnten beini-Barmer- 
Bankverein dank der Bürgschaft, welche Thöny für die Spar 
kasse zu Gunsten des Walsers eingegangen ist im Betrage von 
300 000 Mark. Aber, meine Herren', kann man nun sagen, 
hier sei Walser der Anstifter gewesen? Man hat gemeinsam 
Rat gehalten. Walser hat an jenem Sonntag dem Thöny 
die Sache vorgelegt. Die Leute sind da und wenn die Bürg 
schaft geleistet wird, kann der Betrag für die Zwecke unserer 
Klassenlotterie flüssig geinacht werden; was. wollen wir nun 
tun. Das war eine durchaus selbständige Entschließung, nicht 
eine aus Anssiftung erfolgte Entschließung des Hern, Thöny. 
Wenn er sich mit dem Justizrat des Barmer Bankvereins in 
das Bureau der Sparkasse begab und nicht in Anwesenheit,.' 
sondern in Abwesenheit Walser's den fraglichen Bürgschein 
geschrieben und unterschrieben hat. Gewiß hat Walser dem 
Thöny die Sache vorgelegt. „Was meinst Du zu der Ge 
schichte?" wird es geheißen haben, und dann hat n,an sich 
ohne Anstiftung, eben weil man die Notivendigkeit empfand, 
un, dieses Unternehmen der rumänischen Klassenlotterie z» 
finanziere», auf feiten Thönys zur Unterzeichnung des Bürg 
schaftsvertrages entschlossen. Ich glaube nicht, daß man da ! 
von einer Anstiftung sprechen kann. Die Entschließung ergab 
sich aus eigener Ueberlegung, sie ergab sich aus dem Be 
streben. aus der eigenen Schwierigkeiten herauszukommen, 
»in mitzuhelfen, Mittel herbeizuschaffen, um den Weg zu : 
finden, um aus diesen Schwierigkeiten herauszukommen. Es 
ist richtig, daß in einem gewissen Zeitpunkt von Walser an 
den Barmer Bankverein telephoniert worden ist, als ob die 
Konzession erteilt worden sei. Damit der Barmer-Bankverein 
den Kredit freigibt. Es ist, glaube ich, nicht ernstlich mehr zu 
bezweifeln, daß jenes Telegramm nicht von-Walser ausging,
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.