Paulskirche und Grundrechte
bleiben sollen. Dies strebt die ausnahmsweise Gewährung der Auf-
nahme in den Untertansverband auch klar an.
Die Religionsfreiheit nimmt also nur unter dem Blickwinkel der
Beschränkung der Zulassung vom Staate auf akatholische Fremde,
die aus einem Staate des deutschen Bundes eingewandert sind, Ge-
stalt an und ist kaum mehr als in ihrer primitivsten Form der einfachen
Hausandacht verwirklicht.
$ 3. Die Paulskirche und die Grundrechte des deutschen Volkes
I. Der Durchbruch der Grundrechte
Die Grundrechte der Paulskirche von 1848 haben auf den Gang
der Verfassungs- und Gesetzgebung der Nachfolgezeit in den ein-
zelnen Staaten eine tiefe und nachhaltige Wirkung ausgestrahlt.
Unter dem unmittelbaren Einflusse liberaler Geisteshaltung, die mit
allem Nachdruck die Freiheit des einzelnen vertrat, fand besonders
auch die Idee des nationalen Rechtsstaates 1! starken Anklang und
drängte nach einer Verwirklichung.
Die deutsche Nationalversammlung beriet vor‘ der Festsetzung
der politischen Organisation als erstes die Grundrechte durch ?.
Der Entwurf stellte nach dem Bericht des Verfassungsausschusses
zwar ein selbständiges Werk dar, wurde aber nach dem Vorbilde
schon, bestehender Verfassungsgesetze, namentlich der belgischen
Verfassung von 1831, entworfen 3. Wie den Ausführungen Beselers
zu entnehmen ist *, sah sich der Verfassungsausschuß aufgrund zweier
Erwägungen veranlaßt, die Grundrechte zuerst in Angriff zu nehmen.
Der «großen sozialen Bewegung» sollten ihre Grenzen aufgewiesen
werden, zum andern schien ein Beginn der Arbeit «mit den höchsten
politischen Fragen» höchst bedenklich, zumal sich die Mitglieder
ı Berichterstatter des Verfassungsausschusses, Beseler, in: WIGARD, Steno-
graphischer Bericht, Bd. I, 701: «Wir wollen den Rechtsstaat auch für Deutsch-
land begründen, und zwar in seiner Consequenz, oder so, wie die Natur unseres
Volkes — denn unser Volk ist ein Rechtsvolk ...».
2 So OESTREICH 93.
3 Siehe den Bericht des Verfassungsausschusses, in: WIGARD, Stenographischer
Bericht, Bd. I, 681.
4 WiGArD, Stenographischer Bericht, Bd. I, 700 £.
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