Staat und Kirche seit der landständischen Verfassung
überkommenen Positionen. Eine solche Vermutung ist verfehlt und
zu einseitig orientiert, wenn sie allein von diesem Aspekt ausgeht.
Es dreht sich im Grunde — neben der Beanspruchung des alleinigen
materiellen Bestimmungstechtes im Schul- und Erziehungswesen von
seiten des Staates — wieder um die Bestimmung der staatlichen und
kirchlichen Eigenbereiche,
2, Die Säkularisierung des Schuhwesens
Trotz wiederholt gezeigter Kompromißbereitschaft des Verfassungs-
gebers der Kirche gegenüber *, wird am Grundkonzept der Säkulari-
sierung des Schul- und Erziehungswesens festgehalten.
Ähnliche Bestrebungen begannen sich bereits schon um 1848 abzu-
zeichnen 2, gelangten aber im Schulgesetz von 1859 nicht zum Durch-
bruch, das in keiner Beziehung das Ideengut des Frankfurter Parla-
ments spürbar werden läßt. Die Kirche tritt neben dem Staate als
Träger des Schul- und Erziehungswesens auf 3,
Dieser Zustand wird durch die Verfassung 1921 endgültig beiseite-
geschafft. Gemäß Art. 16 Abs. 1 und 7 übernimmt der Staat allein
die obetste Leitung und Aufsicht, wobei aber dieser Artikel die Rege-
lung der Aufsicht in den Zwischeninstanzen, wie auch die Frage der
Gestaltung des Aufsichtsrechtes nicht berührt, sondern einem Ge-
setze vorbehält *.
Wie das Schulgesetz von 1929 aufzeigt, ist aber die Kirche aus
ihrer Aufsichtsposition nicht restlos beseitigt worden. Die Mitglied-
schaft im Landes- und Gemeindeschulrat ist ihr zugesichert °.
ı Vgl. etwa den Briefwechsel} zwischen Ospelt und dem Bischof von Chur,
BAC O 193 e/1921. Die Einfügung des Zusatzes «unbeschadet der Unantastbar-
keit der kirchlichen Lehre» wurde erst gegen Ende der Verfassungsverhandlungen
bewerkstelligt.
? Vgl. $5/0.
In diesem Sinne etwa B 26/$$ 1 und 2.
Vgl. die Interpretation ERMACORAS 497 bezüglich $1 des österreichischen
Gesetzes vom 25. Mai 1868, RGBL Nr. 48, wodurch grundsätzliche Bestim-
mungen über das Verhältnis der Schule zur Kirche erlassen wurden und bezüg-
lich des Art. 17 Abs. 5 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867, RGBl.
Nr. 142 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger,
5 B 86 Art. 3 und 23.
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