Verfassungsentwürfe von 1848
Zudem vermochte die bisher bestehende Einrichtung eines bischöf-
lichen Vikars !, die Interessen der Geistlichen nicht wahrzunehmen,
noch der Vorstellung eines eigenen, selbständigen Priesterverbandes
zu entsprechen 2.
2. Keine nationalkirchliche Bewegung
In den $$ 84 bzw. 21 und 22 der Verfassungsentwürfe des vom Volke
gewählten Verfassungsrates klingt der Gedanke einer nationalkirch-
lichen Bewegung nicht an. Nationalkirchliche Strömungen, wie sie
in anderen Staaten des deutschen Bundes öfters vorkamen, und wie
man in diesem Verfassungsvorhaben vermuten könnte, fanden im
liechtensteinischen Volke keinen Nachhall. Der um 1825 auf Grund
des geschlossenen Fernbleibens der drei geistlichen Deputierten von
der Landtagssitzung hochgespielte Ruf, sich von Chur loszusagen und
sich dem Bistum Brixen zu unterstellen, blieb ohne Gehör und stellte
lediglich eine entrüstete Äußerung des Landvogtes Schuppler dar *.
IT. Das Schulwesen als Ausgangspunkt einer möglichen Neuorientierung
im Verhältnis des Staates zur Kirche
Eine mögliche Distanzierung des Staates von der Kirche hätte sich
auf dem Schulsektor anbahnen können. Der liechtensteinische Ab-
geordnete in der Frankfurter Nationalversammlung, Peter Kaiser,
der maßgebend am Verfassungswerk von 1848 beteiligt war, stimmte
jedenfalls dem Antrag Goltz, der das gesamte Unterrichts- und
Erziehungswesen der Beaufsichtigung der Geistlichkeit entzog, zu *.
Die Befürchtungen Bischof Caspats von Carl scheinen auf eine
entsprechende Entwicklung, die mit einer Neuregelung des Schul-
wesens verbunden gewesen wäre, hinzuweisen 5. Demgegenüber fällt
die Tatsache auf, daß in den Verfassungsentwürfen von 1848, soweit
darin Religionsangelegenheiten tangiert werden, nicht im geringsten
4 Siehe das Schreiben der Landstände an den Fürsten vom 29, September 1848,
LRA Schädler Akt 301.
2 So im Schreiben der Landstände an den Fürsten vom 29. September 1848,
LRA. Schädler Akt 301,
3 Gleicher Meinung QUADERER 31 f.
* Siehe vorne 48 Fußn. 4; GE1iGER P. 118.
Vgl. dazu GEIGER P. 118 f.