Staat und Kirche seit der landständischen Verfassung
Gemeindevertreter fand kein Gehör. Als Hauptutsache der Unruhen
von 1831/32 bezeichnet Quaderer * das Militäraufgebot, das als zu
große finanzielle Last den Unwillen des Volkes auf sich zog.
Die gegen die absolute Obrigkeit gerichtete Strömung im Volke
konzentrierte sich bald gegen den Landvogt Pokorny, der als ein
Fremder ins Land gekommen und dem Volke auch immer ein Frem-
der geblieben war und der Situation nicht Herr wurde ?. Die Ent-
sendung von zwei fürstlichen Kommissären zur Entgegennahme der
Bittgesuche, vermochte nur kurze Zeit Ruhe im Volke zu verschaffen
und erwies sich als trügerisch, da sich das Volk mit einem bloßen
Angehörtwerden nicht zufrieden gab, sondern eine ihren Forderun-
gen entsprechende Stellungnahme des Fürsten erwartete, die jedoch
zu lange ausblieb.
Die Reaktion des absoluten Staates bestand in einem zähen Festhal-
ten an der alten Ordnung. Die Verordnung vom 29. August 1832 °
befiehlt dem Volke in einem unmißverständlichen Ton «den zur gu-
ten Ordnung und allgemeinen Wohlfahrt unumgänglich nöthigen
Gehorsam und unter allen Umständen die nöthige Abhängigkeit und
schuldige Folgeleistung».
2. Die Persönlichkeit Fürst Alois’ IT.
Mit dem Tode Johanns I. am 20. April 1836 bahnt sich in der Person
des Fürsten Alois II. ein für Land und Volk bedeutsamer und ver-
heißungsvoller Wandel in der Beziehung zum Monarchen an, der
die Lösung der dringendsten Probleme zu seinem Regierungspro-
gramm erhob *.
Seine Verständigunspolitik — er war der erste Fürst, der sein Land
besuchte — kam auch der Kirche zugute. Dies erhellt aus dem spür-
baren Abbau des zu rigoros gehandhabten Staatskirchentums. Der
mit der ersten Landesvisitation im Jahr 1842 verbundene Besuch beim
Bischof in Chur, zeugt von seiner Aufgeschlossentett einem weit-
schichtigen Problemkreis gegenüber, der auch die Kirche mitumfaßte*.
1 QUADERER 50.
2 So QUADERER 83.
> LRA NS 1832.
} Ausführlicher dazu. QUADERER 84 ff.
5 In einem ähnlichen Sinne äußert sich GEIGER P. 40 £.