Situationsübersicht
erblickt in der Religion und christlichen Sittenlehre das sicherste
Fundament der staatlichen Ordnung ! und stellt deshalb die Kirche
als der «autoritativen Vermittlerin dieser sittlichen Prinzipien» un-
ter seinen Schutz 2. Sie ist als Erziehungsanstalt des Staates beauf-
tragt mit der Heranbildung guter Untertanen.
Kirchliche Akte, wie etwa die Führung der Geburts-, Sterbe- und
Eheregistet, sind von erheblicher öffentlicher Bedeutung, da ihnen
Rechtswirkungen nicht nur für den kirchlichen, sondern auch für den
staatlichen (zivilen) Bereich zukommen }.
Diese im Verlaufe der Zeit vermehrte Übertragung von Staatsauf-
gaben hat den fast völligen Einbezug der Kirche in den Staatsaufbau
zur Folge. Das charakterisiert ihre Stellung als Staatsanstalt, die einer
ausgedehnten und weitverzweigten Staatsaufsicht unterliegt *.
2. Abschnitt:
DIE FRANKFURTER NATIONALVERSAMMLUNG VON 1848
UND DIE LIECHTENSTEINISCHEN VERFASSUNGSBESTREBUNGEN
$ 4. Situationsübersicht
I. Die politische Lage vor 1848
1. Die Unruhen von 1831|32
Liechtenstein blieb von den Unruhen, die sich seit 1830 über ganz
Europa ausbreiteten, nicht verschont. Die Verfassung wandelte sich
immer mehr zu einem unvollständig verwirklichten, leeren und un-
verstandenen Recht, das im Volke keinen Halt fand und zu einer
Spannung zwischen bestehender und der vom Volke geforderten Ord-
nung führte. Neben der materiellen Not, die wiederholt zum Urheber
von Unzufriedenheit und Auflehnung gegen die Obrigkeit gewor-
den ist, spielt auch die mangelhafte Volksvertretung in staatlichen
Entscheidungsbefugnissen eine Rolle. Der Anspruch auf einen dritten
ı Als Beispiel genüge B 7.
2? EsErs, StuK. 9. Das gleiche Ziel verfolgt auch B 16/6 15.
+ Siehe etwa B 28 und 29.
Zu den Beispielen, vorne 44 Fußn. 1, läßt sich auch B 20/$ 2 anreihen.