Staat und Kirche seit der landständischen Verfassung
hungs- und Wohlfahrtsanstalt *, Auf der Grundlage des absoluten
Vorranges des Staatszweckes, der auf einem bloßen Nutzdenken
basiert, ist ein Verständnis für milde und fromme Stiftungen, wie
kirchliche Vereine, nicht mehr aufzubringen. Sie werden als nutz-
Jose Einrichtungen eingestuft und behandelt, indem der Staat über
das bis anhin «tote» Kapital nach seinem Willen verfügt. So ist nach
Ziffer 8 die «St. Anna Bruderschaft», die als «zwecklose Vereinigung»
bezeichnet ist, in eine Wohltätigkeitsanstalt umzuwandeln, m. a. W.
einem staatlichen Zweck zuzuführen. Die Umgestaltung findet ihre
Rechtfertigung in der ausdrücklichen Bezugnahme auf andere Staaten,
so namentlich auf Österreich, das mit der Errichtung von Armenan-
stalten dem lästigen Bettelwesen «mit so gutem Erfolg» Abhilfe ge-
schaffen. hat. .
In die gleiche Richtung weist auch Ziffer 9, die das Vermögen der
«Duxer Kapell» der Oberaufsicht der Staatsverwaltung unterstellt,
die dann auch darüber zu verfügen hat, und zwar bei akutem Not-
fall in der vom ersttebten Staatsideal her gesehen konsequenten Rei-
henfolge: zuerst für die «mangelbare Schule», dann erst für Kirchen-
reparationen. Neben diesen, spezifische Tatbestände betreffenden Fäl-
len, hält Ziffer 10 die vom Staate vertretenen Grundsätze, die die Ver-
waltung des Kirchenvermögens belangen, fest.
Interessant ist die Feststellung, daß bisher staatlicherseits auf die
Kirchenvermögensverwaltung kein Einfluß genommen wurde, ob-
wohl der Staat — wie eigens festgehalten ist — die Oberaufsicht bean-
sprucht, die in der Revision und Genehmigung der jährlichen Rech-
nungen besteht.
"Trotz der teilweise etwas zu stark zeitbedingten und -beeinflußten
Vorkehrungen, die die Dienstinstruktionen enthalten, sind sie ein
treffendes Spiegelbild des damaligen Verhältnisses von Staat und
Kirche. Wenn andere Gebiete der Staat-Kirche-Beziehungen ins Auge
gefaßt werden, so bleibt sich das Ergebnis auffallend gleich ®. Im
Laufe der Zeit trat dann auch mehr ünd-mehr eine Normalisierung
ein, indem man von einer übertriebenen staatlichen Kirchenhoheit
abkam. Die Verfassung von 1818 übernimmt in diesem Sinne ohne
Bedenken die Erbschaft des absoluten Staates, da sie die Ordnung
des Staates zur Kirche gar nicht mehr näher normiert.
ı Vgl. auch $ 3/IV.
2 Siehe die Ausführungen bei MALIN. 62 ff.
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