Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Quellensammlung 
$59 Aus wichtigen Gründen kann die Aufhebung einiger Ehehindernisse statt- 
finden, doch ist die Lossprechung von dem Gesetze, oder die sogenannte 
Dispensation einzig, und allein der gesetzgebenden Gewalt vorbehalten. 
$ 60 Nur in dem Falle, daß sich nach schon geschlossener Ehe ein vorher unbekann- 
tes unauflösliches Hinderniss äusern sollte, dürfen sich die Partheien ent- 
weder unmittelbar, oder durch ihre Seelsorger auch mit Verschweigung ihres 
Namens an die politische Behörde um die Dispensation wenden, welche 
ihnen auch von dieser Stelle ohne weiters zu ertheilen ist. 
5 61 In Rücksicht auf das Aufgeboth wird der politischen Stelle die Macht er- 
theilet, aus wichtigen Ursachen von der zweiten, und dritten Verkündigung 
zu dispensiren, wenn die Verlobten eidlich betheuern, daß ihnen von einem 
obwaltenden Hinderniss gar nichts bewußt seye. 
562 Unter dringenden Umständen kann gegen diesen Eid auch das erste Auf- 
geboth nachgesehen, und in einem Falle, wo eine bestättigte nahe Todes- 
gefahr keinen Verzug gestattet, nach abgelegtem Eide die Trauung mit 
Genehmhaltung des Ortsgerichtes vollzohen werden. 
5 63 Die Nachsicht von allen drei Verkündigungen ist auch dann zu ertheilen, 
wenn zwei Personen getrauet werden wollen, von denen schon vorhin all- 
gemein vermuthet ward, daß sie miteinander verehliget seyen; in diesem 
Falle kann sogar die Nachsicht von dem Pfarrer, mit Verschweigung ihrer 
Namen angesuchet werden, 
5 64 Die Ungültigkeit des Ehevertrages kann nur wegen eines zur Zeit der 
Trauung schon bestehenden Ehehindernisses stattfinden. Wenn eine solche 
Ungültigkeit behauptet wird, so soll die Sache bei der politischen Behörde 
angebracht, dort von Amtswegen, ohne Einhaltung eines förmlichen Prozes- 
ses untersucht, und der höheren Behörde zur Entscheidung vorgelegt werden. 
5 65 Die Vermuthung ist immer für die Gültigkeit der Ehe; das angeführte 
Hinderniss muß also vollständig bewiesen; und weder das Geständniss 
beider Eheleuthe, noch ihr Anerbiethen zum Eid angenommen werden. 
66 Wer den unterlaufenen wesentlichen Irrthum in der Person gewusst, wer den 
andern Theil in Furcht gesetzt, und wer die Minderjährigkeit, oder ein ihm 
bekanntes Ehehinderniss verschwiegen hat, der darf die Scheidungsklage 
auf seine eigenen widerrechtlichen Handlungen nicht gründen; nur der 
schuldige Theil hat das Recht die Scheidung zu verlangen, und dieser selbst 
auch dann nicht wenn er nach entdektem Irrthume, oder erreichter Voll- 
jährigkeit des andern Ehegatten die Ehe wissentlich fortgesetzt hat. 
5 67 Ist das Ehehinderniss von der Art, daß es durch Dispensation gehoben wer- 
den kann, so ist das nöthige zur Erwirkung derselben vorzukehren, sind 
aber die Eheleute nicht mehr zur Fortsetzung des Ehestandes zu bewegen, 
oder waltet ein nicht zu behebendes Hinderniss vor, so muß der ordentliche 
Spruch darüber erfolgen. 
5 68 Soll ein Urtheil über das vorhergegangene, und anhaltende Unvermögen, die 
ehelichen Pflichten zu leisten gefällt werden, so muß der Beweis durch Kunst- 
verständige, nämlich durch erfahrne Aerzte und Wundärzte, und nach 
Umständen auch durch Hebammen geführt werden. 
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