Landeskirche und voller Staatsschutz
mulierung ist auch in den damals geltenden Verfassungen der vor-
wiegend katholischen Kantone anzutreffen *, Neben einer generellen
normativen Schutzaussage, die u. a. auch den straf- und polizeirecht-
lichen Schutz erfaßt, ist darin in erster Linie das brachium saeculare
— die Beanspruchung staatlicher Rechtshilfe zur Durchsetzung kirch-
licher Zwangsmaßnahmen — angesprochen. ? Zusätzliche spezielle
Normen, die unsere Beachtung verdienen, enthält die Verfassung in
Hinsicht auf das Kirchengut und die Sonn- und Feiertage. °
I. Das brachium saeculare
1. Rechtshistorischer Rückblick
Die Ausgestaltung des brachium saeculare zu einem staatskirchlichen
Instrumentarium in der Staatsordnung empfängt seinem rechtshisto-
tischen Ansatz nach die ersten Impulse im Mittelalter und ist aus dem
kurialistischen Staatskirchenmodell der Hierokratie (10.12. Jh.) er-
wachsen, das eine päpstliche Universalkompetenz zu begründen vet-
suchte. Die Kirche macht es dem Staat zur Pflicht, ihr bei der Durch-
setzung ihrer innerkirchlichen Ordnung — der christlichen Glaubens-
und Sittenlehre — im staatlich-weltlichen Bereich seine Zwangsge-
walt zu leihen *. Die Auffassung des staatlichen Rechtshilfebeistandes
im Bedarfsfalle in dieser ausgedehnten, den staatlich-weltlichen Be-
reich umspannenden Form konnte sich in kirchlichen Kreisen noch
bis zum Vatikanum I erhalten 5. Der einsetzende Wandel im kirch-
lichen” Selbstverständnis, der auf eine Spiritualisierung der Rechts-
gegen soll der zweite Absatz des $ 37 der Verfassung abgeändert lauten wie
folgt: Die römisch-katholische Kirche genießt als Landeskirche den vollen Schutz
des Staates...» (Hervorhebung von }. Ospelt).
1 So z.B. KV OW vom 27. April 1902 Art. 3 Abs. 1: «Die römisch-katho-
lische Kirche, zu welcher sich das Obwaldnervolk in seiner großen Mehrheit
bekennt, genießt den vollen Schutz des Staates...»; KV NW vom 27. April 1913
Art. 3 Abs. 1: «Die römisch-katholische Kirche, zu der sich das Nidwaldner Volk
in seiner großen Mehrheit bekennt, genießt den vollen Schutz des Staates...» (die
Hervorhebungen sind vom Verf. gemacht).
2 Vgl. IseLge, Gutachten II, 19 £,
A 19 Art. 19 Abs. 2 und Art. 38.
Im konkreten Fall hieß das: die Verpflichtung gilt für die Vollstreckung der
von der Kirche gegen Häretiker ausgesprochenen strafrechtlichen Erkenntnisse.
So StriGL 817.
5 Vgl. StricGL 818.
”78