Problematik einer Eherechtsreform
fassung übereinzustimmen brauchen, besitzt der Staat keine Verfü-
gungsgewalt. Im Falle, daß dem Gesetzgeber die Verbindlichkeit zur
Regelung einer Rechtsmaterie — SO zZ, B. das Eherecht von der katholi-
schen Kirche — abgesprochen wird, kann nur die Verfassung als das
für alle verbindliche Recht Aufschluß geben. Sie bezeugt aber in keiner
Weise einen Verzicht auf die Ehehoheit. Motive für einen Abbau
des staatlichen Souveränitätsbegriffes gibt es nicht und lassen sich
auch nicht in der vom Gesetzgeber sich selbst auferlegten Zurück-
haltung bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfes von 1948 be-
treffend die Notzivilehe finden. Hier wirkte vielmehr das Moment
der noch nahezu einheitlichen konfessionellen Strukturierung der
Staatsgesellschaft hindernd. Je stärker eine innere Verbundenheit des
Volkes mit einer Religion zutage tritt, desto schwächer wird der
Souveränitätsanspruch des Staates gegenüber der Kirche ausfallen *.
Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen, daß die Kirchen der
Verfassung unterstellt sind, andernfalls verlöre der Staat den Charak-
ter eines souveränen Gemeinwesens 2. Eine Eherechtsform aus staat-
licher Sicht kann sich nur in den vorgegebenen Bahnen der Ver-
fassung bewegen und muß auf sie abgestimmt bleiben.
1. Die Beligionsfreiheit (Art. 37 der Verf.)
Mit der Ausformung und der verfassungstechtlichen Verankerung
der Religionsfreiheit ist die Idee des Konfessionsstaates hinfällig ge-
worden. Die Religionsfreiheit läßt sich nicht zu Gunsten der katho-
lischen Kirche einengen mit der Behauptung, der Landeskirchen-
begriff könne dem der Staatskirche gleichgesetzt werden, woraus zu
schließen sei, die katholische Religion sei die Staatsreligion. Die viel-
besungene Idylle des «Katholischen Kleinstaates ohne Enge» 3 wird
dem wahren Staatskirchenbild nicht gerecht. Es wäre aber verfehlt,
ı Vgl. QuarıtscH 277. Er nimmt als Beispiel das italienische staatliche Ehe-
recht und stellt es im Vergleich dem deutschen gegenüber.
2 Die Frage des Subordinations- und des Koordinationsprinzips bedarf im
liechtensteinischen Staatskirchenrecht noch eingehender Klärung. De lege lata
kann man noch in etwa von einem System der staatlichen Kirchenhoheit sprechen.
De lege ferenda hat aber eine Gesetzgebung davon auszugehen, daß sie sachlich
dem Sinngehalt der religiösen Freiheitsgarantie des Individuums wie der Kirche
gerecht wird. ,
3 In diesem Sinne erst kürzlich wieder AMELUNXEN,
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