Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Staatlicher und kirchlicher Zuständigkeitsbereich 
tungweisend für die Verfassungsgebung der früh- und hochkonsti- 
tutionellen Ära in dieser Hinsicht ist die Verfassung von Bayern 
aus dem Jahre 1818 % Sie gliedert das Kirchenvermögen im Sinne 
einer erschöpfenden Aufzählung ? nach den drei Zwecken: Kultus, 
Unterricht und Wohltätigkeit. Diese gemeinüblich gewordene Drei- 
teilung übernimmt der Verfassungsentwurf von Oechri zwar nicht, 
bewegt sich aber dem Inhalte nach auf der gleichen Ebene. Er ver- 
steht unter Kirchengut einen «abgesonderten Teil des Staatsgutes», 
der zu «kirchlich-religiösen Zwecken» bestimmt ist %. Diese zweck- 
ausgerichtete Umschreibung deckt sich mit der angestammten, WO- 
nach das Kirchengut als das seiner Zweckbestimmung nach in kirch- 
lichen Diensten stehende Vermögen bezeichnet wird *, Eine ausdrück- 
liche Bestimmung über die Verwaltung dieses Vermögens fehlt. Zwar 
wiederkehrt auch hier — wie in andern Entwürfen dieser Zeit — die 
Norm, daß der Landesverweset die kirchlichen Angelegenheiten, die 
nicht «tein kirchlich» sind %, zu überwachen habe. Der Verfassungs- 
entwurf des vom Volke gewählten Verfassungsrates vom 21. Au- 
gust 1848 enthält dagegen einen entsprechenden Hinweis im $ 86 ©. 
Danach steht das Recht der Oberaufsicht über die Verwaltung der 
Kirchengüter der Regierung des Landes zu. 
Die Staatspraxis vermittelt nach einem Befund von Landesverweser 
Menzinger 7 folgendes Bild: das Kirchenvermögen wurde «von je- 
her» vom Ortsseelsorger unter «Zuzug eines eigens aufgestellten Kir- 
chenpflegers u. des Ortsvorstehers, welche auch jährlich die Kirchen- 
rechnungen-pflegen», verwaltet. Die Bestimmung über das Kirchen- 
gut in den Verfassungsentwürfen von 1861/62 ist in deutlicher An- 
lehnung an diejenige des Entwurfes von Menzinger aus dem Jahre 
1858 ® konzipiert worden, der seinerseits eine Kopie der Verfassung 
von Hohenzollern-Sigmaringen von 1833 darstellt. Daher ist es nicht 
verwunderlich, daß der Einfluß der Bayerischen Verfassung von 1818 
ı Siehe $ 9 Abs. 4, abgedruckt, in: LIERMANN 1,3. 
2 So HecxkzL J. 60, 
3 A 7/10. 
+ So HEckgeL J. 61. 
5 A 7/10. 
5 A5. 
/ Siehe das Schreiben vom 30. September 1858 an den fürstl. Dekan Ignaz 
Wenzel, LRA CV1I/136 Nr. 967. 
8 A 8/$ 33. 
}04
	        

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