Scheidung der Bereiche von Staat und Kirche
Respektierung des kirchlichen Mitspracherechtes und zumindest,
was die Verwaltung des Kirchengutes betrifft, eine Erweiterung des
kirchlichen Zuständigkeitsbereiches zum Ausdruck *. Ein bloßes
Anhörungsrecht würde dem Sonderstatus und der institutionellen
Garantie der katholischen Kirche innerhalb des Verfassungsgefüges
nicht gerecht. Die Verfassung würde dadurch den Kirchenbehörden
eine selbständige Mitentscheidung über die sachliche Eignung der
staatlichen Gesetzesvorschriften in gemischten Belangen ausdrücklich
verwehren und ihnen nur einen Anspruch auf beratende Anhörung
bei einschlägigen gesetzlichen Erlassen zugestehen. Eine solche
Beschränkung auf ein bloßes Anhörungsrecht liefe darauf hinaus,
daß sich die kirchlichen Behörden lediglich mit einer beratenden
Geltendmachung von Bedenken zufriedengeben müßten? Die
Gefahr einer Sachentfremdung der sogenannten sacra externa ist
durch dieses Verfassungserfordernis des Einvernehmens weitgehend
eingedimmt und vermieden. Dieser Lösungsbehelf von staats-
kirchlichen Problemen darf aber nicht überstrapaziert und ins Gegen-
teil verkehrt werden, indem er zu einer untauglichen Handhabe
herabgemindert wird und eine Entscheidung in dringlichen Sach-
fragen verunmöglicht %. Der Staat kann auf eine eigene, kirchlichen
Interessen zumutbate Entscheidung, deren Gradmesser die ver-
fassungsmäßigen, staatskirchlichen Systemsgrundsätze sind, nicht
verzichten, wenn ein «vollkommenes» Einverständnis infolge fest-
gefahrener, divergierender Standpunkte ausgeschlossen ist. Zweifel-
los kann aber eine Einigung erzielt werden, wenn beiderseits ein
sachgerechter Ausgleich ins Auge gefaßt wird.
‘4 Die Entstehungsgeschichte des Art. 38 der Verfassung von 1921 beweist
dies, zieht man die Entwürfe zu einem Vergleich heran, in denen dieses Bin-
vernehmenstecht fehlt: A 14/$ 5, A 15/$ 6, A 16/5 6, A 17/6 37, A 18/ Art, 38.
? Ähnlich die Sachlage bei Hecker M., Staat-Kirche-Kunst, der den Denkmal-
schutz behandelt, 167.
3 Dies war m. E. der Fall bei dem Gesetzesentwurf betreffend die Notzivilehe
von 1943 und 1948, B 93 und 100, der am kirchlichen Widerspruch scheiterte.
Ausführlicher dazu im Kap. V/$ 2 IV.
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