Scheidung der Bereiche von Staat und Kirche
standesmäßig zu skizzieren versucht, sagen dürfen: Die Kirche ist
«im Lande in ihrer Wirkung frei und ohne beschränkende besondere
Verordnungen, es wird ihrer Leitung, wenn sie sich nur nicht ins
Politische mischt, kein Hindernis entgegengestellt, vielmehr getrach-
tet, das Ansehen der Kirche und des Klerus zu wahren und zu schüt-
zen». Im Staatskirchenrecht der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
sind untrügliche Anzeichen eines Strukturwandels innerhalb der
katholischen Kirche im Lande selber spürbar, der zwar nur als kleiner
Schritt hin zur Verselbständigung, nicht bereits schon als eigentliche
Verselbständigung der Kirche gedeutet werden darf. Eine Eigenbe-
sinnung auf ihre Wesensbestimmung und den vom Staate bislang ab-
sorbierten Funktionsbereich hat unverkennbar in den Reihen des liech-
tensteinischen Klerus stattgefunden, die nach außen die Gestalt eines
verbandsmäßigen Zusammenschlusses im Priesterkapitel annimmt.
Damit ist einer Verselbständigung der Kirche das Tor geöffnet.
$ 2. Die Scheidung der Bereiche von Staat und Kirche
im Spiegel der Verfassungsgeschichte
I. Wendepunkt in der Entwicklung: 1848
1. Die aus der Überlieferung lebende und schöpfende Staatlichkeit
monarchischen Ursprungs sucht in einer neu zu begründenden
politischen Ordnung wieder feste Gestalt zu gewinnen. Mit der
durch die Forderungen des Volkes in. Frage gestellten absoluten
Staatsordnung geht Hand in Hand eine eindringliche Auseinander-
setzung mit der Einrichtung der katholischen Kirche im Staate,
deren kirchlicher Eigencharakter erstmals mit erstaunlicher Offenheit
und Schärfe in den Verfassungsentwürfen beredten Ausdruck findet,
indem sie eine Grenzziehung des kirchlichen vom staatlichen Bereich
konzipieren. Die staatlichen und kirchlichen Rechtskreise beginnen
sich langsam zu sondern, doch steht eine solche Entwicklung erst
am Anfang einer verfassungsmäßigen Durchformung, der innerhalb
des herrschenden Systems des Staatskirchentums nur ein enger Spiel-
raum überlassen bleibt. Von einer sich im Gange befindlichen, äußer-
lichen Emanzipierung der Kirche aus den Bindungen der staat-
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