Parität
S 6. Die kirchenpolitische Disparität
I. Die Rechtslage
Mit der Anerkennung der Religionsfreiheit fällt eine weiterhin gültige
[Identifizierung des Staates mit der einen katholischen Kirche dahin.
Er hält aber die enge Verbundenheit aufrecht und gesteht ihr in
Anerkennung ihres Öffentlichkeitsanspruches die historisch über-
kommene, rechtliche Sonderstellung vor andern Religionsgemein-
schaften in Art. 37 Abs. 2 S. 1 der Verfassung weitgehend zu.
Das Auftreten mehrerer Konfessionen bringt die Frage der Aus-
gestaltung des kirchenpolitischen Paritätsprinzipes mit sich, das die
Rechtsverhältnisse der Religionsgemeinschaften zum Staate im Sinne
der Gleichheit ihrer öffentlichrechtlichen Anerkennung und des Aus-
maßes ihrer rechtlichen Selbständigkeit innerhalb der politischen
Ordnung umfaßt !.
Zur Beantwortung dieses Fragenkomplexes gibt uns die Verfassung
selber in Art. 37 Abs. 2 die positive Rechtsgrundlage.
Der Abhebung der katholischen Kirche als Landeskirche verläuft
parallel die Hintansetzung der anderen Konfessionen. Nach der for-
mellen Seite hin kennzeichnet die Rechtslage eine unterschiedliche
Normierung der Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften. Allein
die katholische Kirche ist öffentlichrechtlich anerkannt. Dieser öffent-
liche Rechtsstatus räumt ihr gegenüber den anderen Konfessionen,
die nach Art. 37 Abs. 2 ins Privatrecht verwiesen sind, Vorrechte ein.
Auf solche Privilegien, die die «landeskirchliche» Stellung der katho-
lischen Kirche im staatsrechtlichen Sinne untermauern, stößt man
u. a. in der Berücksichtigung der kirchlichen Amtshandlungen ?, der
Befreiung der Gemeindegüter, die kirchlichen Zwecken dienen, von
der Steuerpflicht 3, der Begünstigung des kirchlichen Vermögens
(Art. 38 der Verfassung) und Diensteinkommens bei Zwangsvoll-
streckung und Konkurs, in der Beteiligung der katholischen Kirche
an der Schulaufsicht *.
ı IsELE, StKR 575; KaHı, Lehrsystem 595
? B 66/$ 95.
; B 116 Art. 32,
ı B 86 Art. 3 und 14.
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