Staatsrechtliche Parität
$ 4. Der Grundsatz der staatsrechtlichen Parität
I. Die Rechtsgrundlagen
Hier gilt es die Rechtsgrundlagen und Gesetzesvorschriften der staats-
rechtlichen Parität näher zu untersuchen und im einzelnen darzustellen,
1. Die einschlägigen Verfassungsbestimmungen
Die staatsrechtliche Parität, die auf die Rechtsstellung der Staatsan-
gehörigen im Staate Bezug nimmt, beinhaltet die Gleichheit der
staatsbürgerlichen und politischen Rechte ohne Rücksicht auf das
religiöse Bekenntnis !. Zunächst ist sie durch den allgemeinen Gleich-
heitssatz des Art. 31 der Verfassung gewährleistet, der nach der ma-
teriellen Seite hin das Verbot der ungleichen Regelung gleicher Sach-
verhalte ausspricht. Diese Vorschrift richtet sich jedoch, wie der
fürstlich liechtensteinische Staatsgerichtshof in einem Gutachten vom
1. September 1958 ? festhält, nur gegen «sachlich nicht gerechtfertigte,
willkürliche Differenzierungen, Differenzierungen, die ein Gesetz bei
Regelung objektiver Rechtsverhältnisse aus sachlich nicht gerecht-
fertigten Gründen verfügt, stehen nicht im Widerspruch zum Gleich-
heitsgrundsatz». Daneben normiert Art. 39 einen besonderen An-
wendungsfall dieses allgemeinen Gleichheitsprinzipes, dem speziell
unser Interesse zugewendet ist. Er bezieht sich ausschließlich auf das
Religionsbekenntnis, läßt also Äußerungen von Glauben anderer Art
oder des Gewissens unberührt ®, indem er in Ansehung der staats-
bürgerlichen und politischen Rechte ein Differenzierungsverbot aus
Gründen des Religionsbekenntnisses erläßt. Als Ergänzungsbestim-
mung zum allgemeinen Gleichheitssatz erstreckt sich sein personeller
Geltungsbereich nur auf die Landesangehötigen und nicht auch auf
Fremde im Unterschiede zu Art. 37 Abs. 1 und 2.
2, Rechtliche Tragweite der « staatsbürgerlichen» und « politischen» Rechte
Der Auslegung der Frage, was unter «staatsbürgerlichen» und «poli-
tischen» Rechten zu verstehen ist, kommt eine praktisch gewichtige
ı U. a. Kar, Lehrsystem 396.
2 In: Entscheidungen der liechtensteinischen Gerichtshöfe von 1955 bis 1961,
129 £., hrsg. von der Regierung, Vaduz 1963.
3 ERMACORA 368.
(AB