1. Abschnitt:
DER PARITÄTS- BZW. DISPARITÄTSGEDANKE
[N DEN ENTWÜRFEN UND VERFASSUNGEN BIS 1862
Vorbemerkung
In diesem Kapitel wird versucht, um in den Systemgrundsätzen der
staatlichen Kirchenhoheit zu verbleiben, dem Paritätsgedanken in der
Verfassungsgeschichte bis hin zur Gegenwart nachzugehen, Eine Auf-
hellung oder gar Klärung des Paritätsbegriffes, wie es Martin Heckel in
seiner Abhandlung « Parität» anstrebt ?, fällt außerhalb dieses Rahmens.
Die Frage der konfessionellen Parität bzw. Imparität im liechten-
steinischen Verfassungsrecht wird m. E.am zutreffendsten in den tra-
ditionellen Bahnen, der Staatskirchenlehre, die in Anlehnung an Kahl?
eine Dreispaltung des Begriffs in einen staatsrechtlichen, kirchen-
rechtlichen und kirchenpolitischen geprägt hat, in Angriff genommen.
Da — wie die Ausführungen noch zeigen werden — der Paritäts-
gedanke dem liechtensteinischen Staatstecht nahezu fremd geblieben
ist, scheint es angebracht, in der Exegese der einzelnen Verfassungs-
stadien die typischsten pro- und contrasprechenden Fakten der ein-
schlägigen Gesetzgebung kursorisch hervorzuheben.
Dieses Kapitel ist als eine ergänzende Studie zum vorangehenden
gedacht. Die Entwicklung der konfessionellen Parität geht Hand in
Hand mit der der Religionsfreiheit. Sie sind also Parallelerscheinungen,
die z. T. von gleichen Grundgedanken beherrscht sind %. Angesichts
dieser Tatsache kann das hier zu erörternde Thema knapper gefaßt
werden.
ı In: ZRG 1963, 261 £.
2 «Über Parität» oder derselbe in: Lehrsystem.
$ Vgl. OBERMAYER 389.
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