Volltext: Staat und Kirche im Fürstentum Liechtenstein

Religionsfreiheit 
wie mittels eines staatlichen Selektionsprinzipes hinsichtlich der 
Gewährung der Kultusausübung an nicht-katholische Religions- 
gemeinschaften versucht wird, die überkommene Stellung der katholi- 
schen Kirche nicht zu untergraben. Ein solches Einstehen des Ver- 
fassungsgebers für die katholische Kirche ist eigentlich erst recht 
verständlich, wenn wir die vom bischöflichen Ordinariate vertretenen 
Ansichten uns vor Augen halten. Die «mehr als Anregungen» ge- 
dachten Einwände Bischofs Georgius Schmid von Grüneck gegen- 
über dem so konzipierten $ zielte noch stärker auf eine Konsoli- 
Jlierung und Konservierung der einen katholischen Kirche ab *. 
Bezüglich der Glaubens- und Gewissensfreiheit, die in $ 37 Abs. 1 
«jedermann» gewährleistet werden, sollte, vertritt das bischöfliche 
Ordinariat die Meinung, diesem «jedermann» zugestandenen Grund- 
recht durch die Zusatzbestimmung «mit Vorbehalt. der Rechte 
Dritter» ? eine verfassungstechtliche Schranke zu ziehen. Auch im 
Schreiben des Bischofs an die Regierung vom 17. August 1921 ° 
ist in einem Abänderungsvorschlag, der diese Bestimmung betrifft, 
erneut die Streichung des Wortes «jedermann» anvisiert. Möglicher- 
weise steht man kirchlicherseits auf dem Standpunkt, daß zwischen 
dem geltenden Recht* und dieser proponierten Verfassungsnorm 
sine Diskrepanz bestehe, die zu einer Änderung des diesbezüglichen 
Rechtszustandes führen könnte. M. E. 5 jedoch wollte das bischöf- 
liche Ordinariat mit Nachdruck darauf Verweisen, diese Verfassungs- 
bestimmung lasse außer Acht, daß nicht jedem, d. h. nur dem Religions- 
mündigen, die Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährt sei °. 
1 Vgl. dazu etwa das Schreiben an die Landesregierung vom 17. August 1921, 
LRA Reg. 1921 Nr. 963 oder BAC O 193 e/1921, in dem er u. a. ausführt: «Im 
gleichen $ (37), Abs. 2, würde vielleicht. besser gesagt, daß für andere Konfes- 
sonen die Abhaltung des Gottesdienstes etc. geschützt werde (anstatt gewähr- 
leistet). Anstatt zu sagen «andere Konfessionen» würden wir lieber einfach sagen 
«Andersgläubige», weil mit dem Ausdruck «andere Konfessionen» eben auch 
die katholische Kirche auf das Niveau einer Konfession gestellt wird, was wit 
vermeiden möchten.» 
2 Zitiert aus dem Schreiben des Geschäftsträgers Beck an die Landesregierung, 
LRA Reg. 1921 Nr. 963, 
3 LRA Reg. 1921 Nr. 963 oder BAC O 193 e/1921. 
Z.B. B 26/$$ 26 und 27. 
Der betreffende Brief des Bischofs enthält keine nähere Begründung seiner 
Vorschläge, Siehe Fußn. 3. 
6 Vgl. $ 7/11. 
AR
	        

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