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GEWERBE UND HANDEL
Regierungschef-Stellvertreter F erd. Nigg
Allgemeines
Unsere Heimat verfügt über einen sehr
tüchtigen und leistungsfähigen Gewerbe
stand und über ein gut eingerichtetes Han
delsgewerbe. Wir finden in Liechtenstein
fast alle Gewerbe und Handelsarten ver
treten. Auch das Kunstgewerbe hat bei uns
einen beachtlichen Platz.
Die gesetzliche Regelung des Gewerbe- und
Handelsstandes ist vor knapp 90 Jahren
eingeleitet worden. Vor dieser Zeit war der
Gewerbebetrieb von altersher fast frei. Nur
wenige Gewerbe waren reglementiert. Für
das Bierbrauereigewerbe bestand lange Zeit
ein Monopol. In der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts wurde in Vaduz Bier gebraut.
Dieser Betrieb wurde später nach Schaan
verlegt und ging zirka 1920 ein. Das Müh
len- und Wasserwerkgewerbe, das Hadern
sammeln und das Gipsbrechen waren landes
herrliche Regale. Für verschiedene Gewerbe
wurden lediglich durch die Polizeigesetze
strenge Vorschriften erlassen, so z. B. für die
Spezereihändler, die Gewürzkrämer, die
Hausierer, die Apotheker, dann Kräuter
handel, das Verzinnen von Kupfergeschirr;
Ziegen-, Schaf-, Schweine- und Kalbfleisch
durfte nur durch vom Oberamte eigens be
rechtigte Metzger des Inlandes verkauft
werden. Der Winkelverkauf und der Hau
sierhandel mit Fleisch waren verboten. Für
die Händler, Krämer, Wirte und Gewerbs-
leute war die Verwendung „zimentierter“
(geeichter) Maße vorgeschrieben. Für die
Bäcker galt die Feldkirdier Brotsatzung.
Dabei wurde untergewichtiges Brot be
schlagnahmt und den Ortsarmen ausgeteilt.
Zudem erfolgte Bestrafung. Besondere Vor
schriften bestanden auch für die Wein
händler, Bierbrauer und Gewerbsleute, die
Branntwein und andere gebrannte Wasser
fertigten und schließlich bestand auch eine
genaue Vorschrift über den Mahllohn.
Diese Freiheit brachte es auch mit sich, daß
der Ausbildungsgrad der Gewerbsleute kein
besonders großer war. In einer „Beschrei
bung des Fürstentums Liechtenstein“ von