Volltext: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein

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und Schmach die Pilger zu erdulden hätten, die dasselbe be 
suchten. Gottes Wille sei es, daß jene heiligen Stätten, wo 
der Erlöser gewandelt, befreit und in die Gewalt der Christen 
gebracht werden. Unbeschreibliche Begeisterung erweckte die 
Rede des Papstes und die Kunde von dem Tage zu Clermont 
durchslog alle christlichen Länder. Alles rüstete sich, und wer 
konnte, nahm das Kreuz und zog in den heiligen Krieg. Im 
Jahre 1099 ward die hl. Stadt unter Anführung Gottfrieds 
von Bouillon, Herzogs von Niederlothringen, mit Sturm ge 
nommen und dieser tapfere Held zum ersten christlichen König 
von Jerusalem gewählt. Groß war der Jubel, als die Kunde 
davon ins Abendland gelangte. Es war eine wohltätige Fü 
gung der Vorsehung, daß das Volk bei dem traurigen Kampfe 
zwischen dem Papsttum und Kaisertum, der ihm so viele Lei 
den brachte, das Auge auf di^ Taten im Morgenland richten 
konnte, von wo das Heil der Welt ausgegangen. Wie ehr 
würdig mußte hier, gegenüber der kaiserlichen die päpstliche 
Macht in der Meinung der damaligen Menschen erscheinen, 
die ein so erhabenes, allen Christen teures Ziel verfolgte und 
die Welt dafür zu bewegen verstand! 
Indeß hatte der Krieg in Deutschland nicht geruht. Doch 
als einige von Heinrichs Gegnern starben und er sich mit an 
dern aussöhnte, wie mit den Sachsen und dem Herzog Welf, 
erlosch das Kriegsfeuer allmählig. In unserer Nachbarschaft 
hatte in diesem Kriege besonders die Abtei St. Gallen schreck 
lich gelitten. Der Ackerbau stand stille im äbtischen Lande. 
Das Herzogtum Schwaben wurde geteilt; die Reichsvogtei 
über den Thurgau und über Zürich erhielt Herzog Bertold II. 
von Zähringen mit dem Rektorat über Burgund; der übrige 
Teil von Schwaben und Rätien blieb dem Herzog Friedrich 
von Hohenstaufen. Ihm folgte sein Sohn Friedrich II. (1105). 
Alle rechtmäßigen Päpste, die auf Gregor VII. folgten, 
verwarfen die Laien-Jnvestitur mit Ring und Stab und taten 
den König in den Bann. Zuletzt empörte sich sein eigener 
Sohn Heinrich gegen ihn. Er wurde unterstützt von Papst 
Paschalis II. und fand Anhänger. Der alte König wurde von 
den Großen verlassen, gefangen und vor ein Kriegsgericht ge 
stellt, wobei sein Sohn den Vorsitz führte. Zwischen Thron 
entsagung oder Enthauptung wurde ihm die Wahl gelassen. 
Er wählte das erstere. Das Schicksal des alten Kaisers rührte 
viele. Es gelang ihm, der Hast zu entkommen, und der Bischof 
von Lüttich gewährte ihm Zuflucht. Schon sammelten sich seine 
Anhänger wieder; aber der Tod befreite ihn von weiteren
	        

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