II. Abschnitt.
Bis zur Stiftung des deutschen Bundes
1806-1815.
1. Veränderungen in Verfassung und Verwaltung.
Eine gedrückte Stimmung lag auf Deutschland. Die
Fürsten des Rheinbundes, zur Souveränität gelangt, ließen
die alten Verfaffungs- und Verwaltungsformen eingehen; die
Landstände schaffte man ab. Das Volk verlor seine gesetzlichen
Organe und Vertreter, und das System der Volksbevormun-
dung, des Beamtenmechanismus wurde über die Länder des
Rheinbundes ausgebreitet. Alle Selbständigkeit und Würde
der Regierten hörte auf; alle Freiheit in Rede und Schrift
ward unterdrückt. Der Finanzverwaltung wurde große Auf
merksamkeit gewidmet, denn das Heer, die immer steigende
Zahl ber Beamten, die Polizei, der Hofhält forderten unge
heure Summen, die nur durch Vermehrung der Lasten ge
deckt werden konnten.
Mit diesem neuen Regierungssystem blieb auch das kleine
Fürstentum Liechtenstein nicht ganz verschont. Der Artikel 16
der Rheinbundsakte zählt unter die Souveränitätsrechte das
Recht der Gesetzgebung, der obersten Gerichtsbarkeit, der Po
lizei, der Militärkonskription und der Abgabenerhebung. Mit
der Aushebung der Reichsverfassung verschwanden auch die
Gesetze, an welche Fürst und Volk gebunden waren. Da sollte
das Land eine zweite Organisation erleben.
Der zu diesem Zwecke im Jahre 1807 als Untersuchungs
kommissär ins Land gesandte fürstliche Hosrat Georg Hauer
machte die Pläne dazu. Um sie aber auszuführen wurde der
damalige Landvogt Menzinger pensioniert und auf Vorschlag
Hauers an feine Stelle Josef Schuppler ernannt. Schuppler
war ein junger Mann, der zwar energisch, tätig und voll Eifer
war, aber unter ganz anderen Verhältnissen aufgewachsen, für
die hiesige Bevölkerung und ihre Rechte und Verhältnisse
nicht das richtige Empfinden hatte. Bei seinem Antritte im
Herbste 1808 erhielt er vom Fürsten eine Dienstinstruktion,