Volltext: Geschichte des Fürstentums Liechtenstein

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Gewalt konnte der fürstliche Verwalter sie dazu bringen; die 
Strafen zahlten sie nicht, die Gewalt fürchteten sie nicht, in 
der Meinung, sie seien im Recht und das Recht könne ihnen 
der Kaiser nicht nehmen. Am 27. Juli 1720 erschien abermals 
ein kaiserliches Mandat, befahl die Rückgabe bei schwerer 
Strafe und mahnte vor allem Aufruhr und allen Tätlich 
keiten ab. 
Diese Streitsache betraf jedoch nur einige Gemeinden, 
nicht das ganze Land. Daß aber Landammann und Gericht 
und andere Herkommen abgeschafft und dafür in jeder Ge 
meinde ein auf Lebenszeit gewählter Schultheiß aufgestellt wer 
den sollte, das ging alle an und brachte das Volk in große 
Aufregung, welche noch durch den Novalzehntstreit mit der 
Geistlichkeit vermehrt wurde. Die Landschaft glaubte, man 
wolle ihr „eine böhmische Sklaverei" aufdrängen und wollte 
nicht in derselben sein. Sie beklagte sich ferner über „wider 
alles Herkommen erhöhte Taxen und Geldstrafen, über unge 
wohnte Fronden, Nichteinhaltung des fulzifchen Urbars und 
anderer Gerechtsame, wie man doch dies alles bei der Hul 
digung ihr verheißen". 
Den Bitten, Klagen und Beschwerden setzte man Vor 
würfe und schwere Drohungen entgegen: Es gebe keine Land 
schaft, nur ein Fürstentum, und darin habe niemand zu re 
den als der Fürst. Sie feien ungehorsame, zu Rebellion, Auf 
ruhr und Prozessen geneigte Köpfe. Bereits hätten sie durch 
ihre Prozeßsucht die Grafen von Hohenems.arm gemacht und 
von Land und Leuten gebracht und versuchten nun gegen den 
Fürsten von Liechtenstein ein gleiches. — Christoph Hàrprecht 
schrieb an den Landammann Hieronymus Tschetter und Ge 
richt (20. März 1720): Sollten sie in ihrem Ungehorsam und 
Unordnung verbleiben, so versichere er sie, daß sie unter eine 
solche Herrschaft geraten seien, welche dergleichen Exzesse durch 
aus nicht dulde und sie werde gar bald allerhöchsten Ortes 
Schutz und Beistand finden. Wenn die bei ihnen seiende Ju 
stiz, Henker, Galgen und Rad nicht genug seien, die Aufrührer 
und Rädelsführer zu bestrafen, so werden die jährlich bei ihnen 
zu Tausenden durchmarschierenden Soldaten hoffentlich noch 
stark genug sein, die hauptsächlichsten Rebellen mit sich aus die 
Galeeren zu führen und das Land nach und nach von diesem 
Unrat zu säubern. — 
Wenn auch die wohltätige Absicht, die Verwaltung des 
Landes auf das beste zu ordnen, nicht zu verkennen ist, so 
waren teils die Maßregeln, die man ergriff, und die Neuerun 
gen, die sie herbeiführten, den Sitten und Gewohnheiten der
	        

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