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dahier gewesen und gleich nach gehaltenem Malefizgericht aus-
gebrochen ist?
Diese Proben mögen hinreichen, um die Hexengerichte in
ihrer ganzen Häßlichkeit und tierisch-sinnlichen Gestalt darzu-
tun. Das Gericht verfuhr zwar anfangs mit großer Vorsicht.
So z. B. verlangte es von Rechtsgelehrten über folgende Punkte
ein Gutachten: ob man auf drei oder vier Denunziationen hin
in Sachen der Hexerei eine Person, gleichviel ob sie guten oder
bösen Leumund habe, gefänglich einziehen und zur Tortur brin
gen dürfe? Ob die Angaben von zur Folter gebrachten Per
sonen, wenn sie mit allen Umständen geschehen, und andere
der gleichen Schuld bezichtigen, rechtlichen Bestand haben und
dem Richter Macht geben, gegen solche Personen ebenfalls
peinlich einzuschreiten? Beide Fragen wurden verneinend ent
schieden. Später aber, als die Zahl der Angeklagten wuchs und
das Volk selbst in seinem Wahn die Obrigkeit drängte, strenger
zu verfahren, indem es drohte, den Huldigungseid zurückzu
nehmen, wenn das Hexenwesen nicht ausgerottet würde, nah
men die Dinge diejenige Gestalt an, wie oben gemeldet wor
den. Wie es übrigens mit der Angeberei in diesen Herrschaften
beschaffen war, mag folgender Vorfall zeigen. Hans Eberle
von Planken ging in Geschäften nach Feldkirch und bat seinen
Nachbar Üeli, ihm in seiner Abwesenheit seine kleine Habe zu
füttern. Bei seiner Zurückkunft fand er den Landammann
Bürkli und zwei Geschworne in seinem Hause, die alles hin
und her warfen und sich die Würste und Schinken von zwei
Schweinen, welche Eberle geschlachtet hatte, gar wohl schmecken
ließen. Entrüstet fragte er: „Wozu tut ihr das?" Sie antwor
teten: „Wir glaubten, du seiest geflohen und habest deine
Schwester auch geflüchtet. Du weißt, wie es mit dir steht und
welche Rede über dich geht." Darauf banden sie ihn und führ
ten ihn in des Negelis Haus, schnürten den Eberle fest an eine
Ofenbank und aßen und tranken tapfer von dessen Vorräten.
Eberle gerät über solche Behandlung in Wut, reißt sich los,
stürzt fort, um Hilfe zu holen. Sie eilen ihm nach und packen
ihn fester. „Haben wir dich, du Hexenmeister!" riefen sie hohn
lachend, banden ihn auf einen Schlitten und führten ihn nach
Schaaü, wo sie sich im Wirtshaus wieder gütlich taten, wäh
rend der arme Eberle abermals an die Ofenbank festgemacht
und wohlbewacht zusehen mußte. Als sie sich erfättigt, führten
sie ihn weiter auf Vaduz. Er wäre verloren gewesen, wenn
sich die Verwandtschaft nicht seiner angenommen und ihn nicht
der gute Leumund, in dem er stand, geschützt hätte. Er wurde
in Freiheit gesetzt und begehrte Genugtuung für die erlittene