III. Abschnitt.
Rätien unter den Karolingern. 768—911.
1. Karl der Große.
Noch erlebte Bischof Tello den Regierungsanfang dieses
gewaltigen Herrschers und vielleicht auch die Bezwingung der
Langobarden, welche derselbe in einem Feldzuge vollbrachte.
Im gleichen Jahre starb der Bischof. Ihm war Zacco II., sein
kinderloser Bruder, im Tode vorangegangen. Das Grafen-
amt ging auf den Bischof über, mit dem das Geschlecht der
Viktoren ausstarb.
Den bischöflichen Stuhl bestieg nun Konstantius,
welchen die Geistlichkeit und das Volk gewählt und König
Karl bestätigt hatte. Bischof und Volk von Rätien ließen die
Bitte an Karl d. Gr. gelangen, daß er sie, gleich seinen Vor
fahren in seinen unmittelbaren Schutz nehme, ihnen ihre alten
Rechte und Gewohnheiten bestätige und es von aller aus
wärtigen Gerichtsbarkeit und ungerechten Beschwerung befreie.
Karl willfahrte der Bitte in Anbetracht der großen Treue,
welche die Rätier seinen Vorfahren bewiesen hatten, und über
trug das Amt eines Präses oder Grafen in bisheriger Weise
dem Bischof Konstantius. Der König zeigte sich zur Zeit dieses
Bischofs auch in anderer Beziehung wohlwollend gegen das
Hochstift Chur. Er schenkte demselben eine Kapelle zu Schlett-
stadt im Elsaß mit vielen Gütern, den Zoll in der Stadt Chur,
der von den Kaufleuten und Reisenden erhoben wurde, den
Hof zu Zizers, die Kirchen des hl. Sisinnius zu Sais und des
hl. Kolumban bei Disentis, sowie die Herberge zu St. Peter.
Außerdem war, was die Bischöfe von königlichen Gütern und
Rechten als Lehen inne hatten, keineswegs gering.
Dem Bischof Konstantius folgte R e m e d i u s auf dem ki-
schöflichen Stuhle, ein frommer und gelehrter Mann, der mit
Alkuin, dem Lehrer Karls d. Gr., in Freundschaft und Brief
wechsel stand. Alkuins Briefe an den Bischof sind uns erhal
ten; sie atmen apostolischen Geist. In einem derselben empfahl
er seinem Freunde Remedius einen Kaufmann, der seinen