DER RHEIN KOMMT
De Rhein bildet, von Graubünden herkommend, die 28 km lange
Grenze zwischen Liechtenstein und der Schweiz. Zusammen mit Rüfe
und Föhn gehört er, wie man zu sagen pflegt, zu den drei Landes-
gefahren. Daß er es tatsächlich ist, hat er schon wiederholt unter
Beweis gestellt. Als ungebärdiger Gebirgssohn lag er viele Generatio-
nen hindurch im Kampfe gegen seinen Widersacher, den Menschen,
bis er endlich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in sein
neues Flußbett gefesselt wurde. Gewaltige Wuhre schützten das
Land gegen den Strom. Blühende Wiesen und Felder bedeckten die
Talsohle, an den Hängen grünten. Matten und Wälder und glühte
feuriger Burgunder Wein. Doch es nahte der schreckliche Tag, der 25.
September 1927.
In der Nacht vom 24. auf den 25. September ergossen sich sintflut-
artige Regenfälle über das obere Rheintal. Alle Wasser aufnehmend,
schwoll der Rhein beängstigend an und wälzte sich tosend dem Boden-
see zu. Straßen und Acker überschwemmend, nahm er in wilder
Strömung Ställe, Häuser und Brücken mit sich. Und immer stärker
prasselte der Regen hernieder und immer mehr schwoll die Flut.
Schon erreichten die höherschlagenden Wellen die Dammkrone der
viele Meter hohen Wuhre. Da kam von Graubünden die Schreckens-
botschaft, der Rhein wachse immer noch an. Nun war es den erfah-
rtenen Männern klar, es stehe eine Katastrophe bevor. Trotzdem
standen sie an den gefährdeten Stellen auf dem schwankenden Wuhr,