DIE RECHTSPFLEGE
DR. HANSPETER JEHLE
Die Gerichtsbarkeit in Zivil- und Strafsachen wird im Auftrage
des Landesfürsten in erster Instanz durch das Landgericht, in
zweiter Instanz durch das Obergericht und in dritter und letzter
Instanz durch den Obersten Gerichtshof ausgeübt. Alle diese Ge-
richte haben ihren Sitz in Vaduz.
In Zivilsachen (bürgerlichen Rechtssachen) werden alle Ent-
scheidungen des Landgerichtes durch Einzelrichter (derzeit sechs)
getroffen. In Strafsachen hingegen werden in erster Instanz ledig-
lich die Übertretungen sowie diejenigen Vergehen und Verbrechen
von einem Einzelrichter des Landgerichtes erledigt, die mit keiner
höheren Strafe als mit einer Freiheitsstrafe von höchstens 6 Mo-
naten oder einer Geldstrafe geahndet werden sollen. In allen
anderen Fällen werden Vergehen vom Schöffengericht (Dreier-
Senat) und Verbrechen vom Kriminalgericht (Fünfer-Senat) abge-
urteilt. In Jugendstrafsachen entscheidet das Jugendgericht
(Dreier-Senat).
Das Obergericht und der Oberste Gerichtshof sind Kollegial-
gerichte. Während die Geschäfte des Obergerichtes auf zwei
Senate aufgeteilt sind, entscheidet der Oberste Gerichtshof in
Zivil- und Strafsachen in gleicher Besetzung, und zwar ebenso
wie das Obergericht als Fünfer-Senat.
Alle Richter sind, unabhängig davon, ob sie als Einzelrichter
oder als Mitglieder eines Senats tätig werden, nach der Verfas-
sung innerhalb der gesetzlichen Grenzen ihrer Wirksamkeit und
im gerichtlichen Verfahren unabhängig von jeder Einwirkung
durch die Verwaltung.
Die Einzelrichter des Landgerichtes werden ebenso wie die
Mitglieder und Ersatzmitglieder der Kollegialgerichte über Vor-
schlag des Landtages vom Landesfürsten ernannt. Während die
Einzelrichter als Berufsrichter amten, werden die Mitglieder und
Ersatzmitglieder aller Kollegialgerichte, die diese Funktion neben
ihrem Amt oder Beruf ausüben, jeweils für die Dauer von vier
ad