Volltext: Beiträge zur geschichtlichen Entwicklung der politischen Volksrechte, des Parlaments und der Gerichtsbarkeit in Liechtenstein

gemahnt die Bürgerpartei zur Vorsicht, bisweilen kommen Argwohn 
und Misstrauen zum Vorschein. Die Volkspartei sieht in der Bürger- 
partei eine «autoritäre» Partei. Die Volkspartei erhebt den Vorwurf, 
die Bürgerpartei habe vor 1922 «von oben herab» regiert. Unter dem 
Regime der Bürgerpartei sei der Bürger nicht mehr als ein «folgsa- 
mer Untertan» gewesen.‘® Die Bürgerpartei rückt die Volkspartei in 
die Nähe einer republikanischen Partei. Das Liechtensteiner Volks- 
blatt betitelt einen Beitrag vom 12. Juli 1926 mit «Der Republikanis- 
mus in der Volkspartei und die Regierungsblatt-Schreiber».“* 
Die Stellung des Landesfürsten muss in politischen Belangen von den 
Parteien unangetastet bleiben. Er steht über den Parteien. Aus diesem 
Grunde weist ihm der Verfassungsgeber eine in manchen Belangen 
das Volk überragende Stellung zu. Das ist das Verfassungsverständnis 
der Bürgerpartei. 1928 wird im Zuge der Sparkassa-Affäre diese 
Position des Landesfürsten durch die für die Volkspartei unverständ- 
liche Haltung des Landesfürsten in Zweifel gezogen. Es ist für sie 
mehr als nur Bürgerpartei-Freundlichkeit, wenn der Landesfürst den 
Regierungschef, der das direkte Bindeglied zwischen Volk und Lan- 
desfürst ist, nicht anhört. Am 23. Juni 1928 lassen die Liechtensteiner 
Nachrichten Zweifel an der Überparteilichkeit des Landesfürsten 
durchblicken, wenn sie schreiben: «Treu und Glauben ist eine heilige 
Sache. Das Verhältnis von Fürst zu Volk und Volk zu Fürst ist Treu 
und Glauben. Im Treu und Glauben waren die Verständigungen und 
daraus die Entschliessungen. Das ist Fürstenart... Wir halten nach 
wie vor den absoluten Glauben an den Sinn für Recht und Gerech- 
tigkeit bei unserem Landesvater fest, dass ihm nicht Parteiwünsche, 
sondern Landeswünsche und Landeswohl am Herzen liegen.»* Am 
30. Juni 1928 schlagen diese Zweifel in Kritik um. «Man versteht 
gewiss ganz gut, dass solche Nachrichten in Wien wie eine Bombe 
einschlagen mussten, aber man begreift schon ganz und gar nicht, 
dass Regierungschef Schädler nicht einmal gehört wurde... In die- 
sem Falle aber wurde der Stab über Landtag, Regierung und Volks- 
partei gebrochen, ehe man nur wusste, welche Personen eigentlich in 
die Affäre direkt und indirekt verstrickt waren. Das wird unvergess- 
lich bleiben.»* Die Tatsache, dass die Volkspartei die politische Ver- 
43 1. N. Nr. 78, 7. Juli 1928 «Die Volkspartei!» 
#L. V. Nr. 50, 12. Juni 1926. 
#1. N. Nr. 71, 23. Juni 1928 «Zu den Vorgängen». 
4 1. N. Nr. 75, 30. Juni 1928 «Gedanken zum Sturze der Regierung». 
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