Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

gen auch die Bedeutung eines Minderheitenschutzes. Noch kurz zuvor hatte das Fernbleiben der 4 Unterländer Abgeordneten die Beschluss­ fassung über ein umstrittenes neues Münzgesetz nicht zu verhindern vermocht,12® inskünftig konnten die 6 Unterländer Abgeordneten eine Beschlussfassung durch Fernbleiben vom Landtag verhindern. Ob­ gleich Fälle der Verhinderung der Beschlussfassung bis zur Entste­ hung der Parteien nicht vorkamen, wirkte die Quorumsvorschrift durch «ihre blosse Existenz schon mässigend» (Peter Geiger ebenda). Mit dem Aufkommen der Parteien, d. h. der Volkspartei (heute VU) und der FBP, als neuen Sammlungsfaktoren bildeten sich neben dem «Scheidgraben» zwischen Ober- und Unterland neue Grenzlinien. War das Oberland ursprünglich vorwiegend «rot» (Volkspartei, heute VU) und das Unterland vorwiegend «schwarz» (FBP), und zwar in einem Ausmasse, dass unter dem Majorzwahlsystem in den Zwan­ zigerjahren (bis 1928) alle 9 Oberländer Abgeordneten der Volks­ partei und die 6 Unterländer Abgeordneten der FBP angehörten, so ist nunmehr eine stärkere parteipolitische Vermischung festzustellen — auch im Landtag reflektiert durch den Proporz seit 1939 —, so dass die parteipolitischen Linien heutzutage quer durch beide Land­ schaften verlaufen. Da Liechtenstein eine föderale Struktur fehlt, und die Landschaften als solche nicht ständig einen eigenen Willen formu­ lieren, haben diese — von den Gemeinden abgesehen — gegenwärtig den Parteien als organisierten Willensbildungsträgern nichts Eben­ bürtiges entgegenzusetzen. Gleichwohl ist im Unterland der Gedanke lebendig, als erste Landschaft 1699 nach zähen Verhandlungen dem Hause Liechtenstein geschworen und später etwa vom Unterland aus, wie z. B. durch die Aufmärsche von 1877 und 1918, erheblich ins Landesgeschehen eingegriffen zu haben.127 Indessen wurde der Quo­ rumsschutz im Landtag von den Unterländern nie in Anspruch ge­ nommen. Hingegen wurde der Landtag vom Zeitpunkt an, da die zweitstärkste Partei die «Sperrstärke» von mindestens 6 Mandaten erlangt hatte, faktisch einige Male von der jeweiligen Minderheits- m Siehe vorn S. 54ff. (Wahlkreise) sowie Anm. 100 und 102. 1I7Frick, Alexander, Ansprache vom 16. 3. 1949, Erinnerung an die erste Huldi­ gung der Unterländer an das Fürstenhaus von Liechtenstein vor 250 Jahren, in: Jb 1949, 11 ff.; zu den Aufmärschen vgl. Berichte Schädler, Albert, in: Jb 1903, 29f. und 1921, 40f.; die Vorgänge von 1918 reflektieren bereits mög­ liche Parteibindungen oder eher die Gegnerschaft zu gewissen (vermeintlichen) Bestrebungen der Volkspartei. 60
	        

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