Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

zentralistische und beim Mangel an Führungskräften auch oligar- chische Züge. — Eine wirksame 
V er grösser ung des Parlaments könnte (nebst der Erweiterung der Arbeitsbasis und der fachlichen Kompetenz) einer Entwicklung förderlich sein, die tendenziell parteienorientierte Bipo- larität der Fraktionen durch eine multipolare Rollenstärkung der einzelnen Abgeordneten zu ergänzen. Je mehr Vielschichtigkeit inner­ halb der Fraktionen, je breiter das Spektrum der Persönlichkeiten ist, desto grösser ist die Chance zu persönlicher wie sachlicher Öffnung, zu echter Diskussion und Innovation. Bei den weltanschaulich ge­ ringen Unterschieden würde, so würde man annehmen, dadurch die Gesprächsfähigkeit unter den Fraktionen und Abgeordneten und da­ mit auch der Einfluss auf die Gesetzgebung verstärkt. Mit der Mög­ lichkeit, dass regelmässig etliche Abgeordnete im konkreten Fall ausserhalb konkreter Interessenverflechtungen stehen, könnte die punktuelle Opposition und Kontrolle eine Stärkung erfahren. Eine kräftige ergänzende Multipolarität ist die Basis für eine breitgefä­ cherte Auseinandersetzung und der beste Schutz gegen Auswüchse zentralistischer Bipolarität oder zu enger Konkordanz von zwei Füh­ rungsspitzen. Mit der Verbreiterung des Parlaments fallen auch die praktischen Folgen der notwendigen Abschaffung des parteigebunde­ nen Stellvertretersystems in der heutigen Form nicht mehr ins Ge­ wicht. Hievon und von der Aufhebung der Bestimmung über die Ab- berufbarkeit von Abgeordneten durch Fraktion und Partei (Wähler­ gruppe) wurde oben gehandelt (S. 62ff., 75ff.). — Von enormer Bedeutung wäre die Rollenautonomie der 
Presse als Korrektiv zur parteipolitischen zentralistischen Bipolarität wie Konkordanz. Unabhängige Berichterstattung und Bewertung der Po­ litik würden der Parteipolitik Grenzen setzen und dem Bürger das Urteil erleichtern. Auch für das Parlament ist dies von Interesse. Das Argument, jedes einzelnen Abgeordneten, ist in sich mächtig, wenn es stimmt und objektiv vermittelt wird. Wenn eine Lösung der Presse von den Parteibindungen utopisch ist, müsste eine unabhängige dritte Zeitung im Sinne aller Beteiligten liegen. Ist auch dies nicht möglich, so wäre es schon ein Gewinn, wenn das Nahverhältnis der bestehen­ den Zeitungen zu den Parteien wenigstens gelockert würde. Die vielen guten Bemühungen der Medienschaffenden kämen bei grösserer Un­ abhängigkeit und Freiheit besser zum Tragen. / 165
	        

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