Volltext: Zur heutigen Lage des liechtensteinischen Parlaments

laturperioden gab es nach dem Grundgesetz von Anfang an nicht. Der Bundestag gilt vielmehr während der ganzen Legislaturperiode als versammelt. In 
Österreich dauert die Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vier Jahre, vom Tag seines ersten Zusammentrittes an gerechnet, jedenfalls aber bis zu dem Tag, an dem der neue National­ rat zusammentritt (Art. 27 Abs. 1 österr. BV). Der Nationalrat kann vor Ablauf der ordentlichen Gesetzgebungsperiode sich selbst auflösen oder durch den Bundespräsidenten aufgelöst werden. Auch bei Selbst­ auflösung dauert die Gesetzgebungsperiode weiter bis zum Zusammen­ treten nach der Wahl, bei Auflösung durch den Bundespräsidenten Landtag «als gesetzmässiges Organ der Gesamtheit der Landesangehörigen» (5 39), von dem 12 Abgeordnete in indirekter Wahl und 3 Abgeordnete vom Fürsten bestellt wurden ($5 55ff.), erscheint formell nicht als Repräsentant eines zweiten Souveräns und Mitträgers der Staatsgewalt (Volk). Er erscheint in einen bereits fertigen exekutivischen Staatsbau, die Gewalt des Monarchen (durch Mitwirkung bei Gesetzgebung und Staatsverträgen, Beistimmung zu Voranschlag, Bewilligung von Steuern) begrenzend, eingefügt. Das Volk ist formell nicht als zweiter Souverän und Mitträger der Staatsgewalt konstitutio- nalisiert. Anders als 1862 präsentiert sich der Staatsbau von 1921. Nach der Verfassung von 1921 ist «die Staatsgewalt im Fürsten und im Volke verankert» (Art. 2). Der Fürst als Staatsoberhaupt «übt sein Recht an der Staatsgewalt... aus» (Art. 7 Abs. 1). Das Volk ist wie der Fürst, bei dessen verfassungsrecht­ lich durchaus gegebenem Obergewicht als Staatsoberhaupt, ebenfalls Souverän und ist Mitträger der einen Staatsgewalt und besitzt nebst der Wahlberechti­ gung eine Reihe weiterer Volksrechte (Volksinitiative, Referendum, Volksbe­ gehren zur Einberufung des Parlaments und Volksentscheid über dessen Auf­ lösung). Damit ist das Parlament auf der Grundlage eines neukonzipierten Staatsbaus als «Organ» der Landesangehörigen Repräsentant der «Mitstaats- gewait» des Volkes, wodurch auch dessen Präsenz gewährleistet ist. Wenn der Bau der Verfassung von 1921 ältere Schichten (z. B. Wortlaut betr. Notrecht) ebenso wie neuere aufweist, so ist das spezifisch Neue (und teils doch aus ural­ tem historischem Wurzelgrund Kommende) von 1921, formell wie in der leben­ digen Verfassungswirklichkeit — nebst der Einrichtung des Staatsgerichtshofs als obersten Hüter der Verfassung —, in der Mitverankerung der Staatsgewalt im Volk mit den genannten bedeutsamen direktdemokratischen Rechten sowie in der Stärkung des nunmehr allein vom Volk direkt gewählten Parlaments zu sehen. Diesem dualistischen Staatsbau entsprechend ist das Parlament seit 1921 auch vom Volk legitimierter Mitlegitimationsspender mit dem Fürsten für die weiteren Staatsorgane, die Regierung und die Justiz, und wählt allein die ober­ sten Organe der grossen Landesinstitute. Ebenso besitzt das Parlament, auch wenn es nicht wie in der rein repräsentativen Demokratie als höchstes Organ im Staat ausgestaltet ist, nebst der Legitimationsvermittlung einen (teils schon 1862) zugewiesenen elementaren und festen Kompetenzbereich (Mitwirkung bei der Gesetzgebung und bei Staatsverträgen) und übt im gewaltenteiligen System die Kontrolle oder oberste Aufsichtskompetenzen über andere Staatsorgane aus, und niemand kann ihm diese Aufgaben abnehmen. So steht auch in Liechtenstein die spezielle Regelung über die zeitliche Begrenzung der Tätigkeit des Parla­ ments in Disharmonie zur verfassungsrechtlichen Grundstruktur, als ob das Parlament etwas von aussen Kommendes, Hinzugefügtes, fast Abzuwehrendes wäre — was es aber nach der Grundstruktur der Gewaltendualität innerhalb der einen Staatsgewalt und der sachlichen Kompetenzzuweisung natürlich nicht ist. 107
	        

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