Volltext: Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (2000) (99)

nichts mehr zu tun: «Da wass die täding geendet und die wisshait zergangen, und hat der muotwil überhand [genommen], Sy [die Kriegsknechte] zundten an on ir hern wil und befelch: dan sy [die Hauptleute] wolten den brandschatz von im [Lud- wig von Brandis] genomen haben, und verpranten in dem huss ain gross mercklich guot an guotem win, korn, flaisch, betgwand und hussrat, dass im schloss wass. Dan die armen lüt hatten al ir hab hi- nin geflöchnet.»75 An dieser Stelle überliefern die «Acta» übrigens auch die eher tragikomische Ge- schichte von den 13 Prassern im Weinkeller von Schloss Vaduz, die - allerdings in der gebührend ausgeschmückten Version des Simon Lemnius, der sich aber auf die «Acta» stützte - Eingang in die liechtensteinische Sagenwelt gefunden hat.76 Dem- nach sollen sich 13 eidgenössische Kriegsknechte von den Anstrengungen des Tages - am morgen waren sie wohl noch bei Triesen am Werk gewesen - am kühlen Wein im Schlosskeller erlabt haben und, da der Durst wohl gross und der Wein reich- lich vorhanden gewesen, nicht gemerkt haben, wie über ihnen das Schloss zusammenstürzte. Immer- hin, so die fast schon tröstlichen Worte des Verfas- sers der «Acta»: «Die erstickten by guotem win.»77 Der Versuch, das Schloss vor Plünderung und Zer- störung zu bewahren, war also gescheitert, Ludwig von Brandis war noch in der Nacht nach Werden- berg gebracht worden. Von dort wurde er zunächst nach Rapperswil in die Gefangenschaft abgeführt78 und später nach Luzern verbracht79, wo ihm der Prozess gemacht und über sein weiteres Schicksal entschieden werden sollte.80 .Es sollte Ende Jahr werden, bis Ludwig von Brandis, von eidgenössi- schen und bündnerischen Gnaden wieder in seine Herrschaftsrechte eingesetzt, in seine vom Krieg schwer heimgesuchten und verwüsteten Herr- schaften zurückkehren konnte. Nun, während in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1499 oben auf dem Schlossfelsen das Schloss in Flammen aufging, schlugen die Eidge- nossen drunten im Dorf ihr Lager auf. Wenn sie sich diesmal auch nicht wie noch in Balzers bereits an die gedeckten Tische setzen konnten, so dürfte es ihnen für ein festliches Gelage - schliesslich hat-te 
man einen Sieg zu feiern - wohl an nichts ge- mangelt haben. Man hatte sich ja schon oben auf dem Schloss reichlich eingedeckt und was noch fehlte, wird man sich unten im Dorf geholt haben. Und das nicht nur in Vaduz. Schaan lag nicht weit entfernt und versprach wohl noch reichlichere Beute, die sich die eidgenössischen Kriegsknechte denn auch nicht entgehen Hessen: «Vil grosses guotz haben die Aidgnossen ze ross und wagen von Fadutz über Rin gefüert, der glichen ouch von Schan.»81 Über den Eschnerberg gelangten die eidgenössi- schen Truppen nach Bendern, wo noch eine offene Rechnung zu begleichen war. Man hatte nämlich nicht vergessen, dass man von hier aus von den schwäbischen Landsknechten mit Schmachworten schwer beleidigt und verhöhnt worden war, indem von den Schwäbischen ein Kalb auf den Namen Ammann Ruedi - wohl der Name eines eidgenössi- schen Hauptmannes - getauft worden war und die Landsknechte anscheinend bei jeder sich bieten- den Gelegenheit nach diesem «Ammann-Ruedi- Kalb» brüllten. Da man sich dafür bei den Schwä- bischen nicht mehr rächen konnte, musste die Dorfbevölkerung dafür büssen. Das Dorf wurde ge- plündert und angezündet.82 Noch von Bendern aus erliessen die Eidgenos- sen eine auf Samstag den 16. Februar auf die 10. Stunde vormittags datierte Proklamation an die Gemeinden im Walgau, worin diese aufgefordert wurden, sich zu ergeben. Im Weigerungsfalle, so die unverhohlene Drohung, «so wennd wir under- stan mitt der hilff des allmächtigen üch zu schädi- gen an lib und an gutt und üwer lanndtschafft ganntz verhergen und verbrennen».83 Kaum eine Woche war es her, seit die bündneri- schen und eidgenössischen Kriegsknechte am Montag, am 11. Februar bei Balzers die Grenze zur Grafschaft Vaduz überschritten hatten. Nun verlies- sen sie auf ihrem Zug ins Walgau die Herrschaft Schellenberg und liessen ein weitgehend zerstörtes und ausgeraubtes Land zurück. Und es sollte nicht das letzte Mal sein, dass das Land in diesem Krieg von fremden Truppen heimgesucht wurde. Die bei- den brandisischen Herrschaften blieben bis zum 178
	        

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