Die reichsdeutschen
Verbindungen von Alois Vogt
1938 bis 1945
auf die Kontaktdiplomatie, der punktuellen Ko-
operationsbereitschaft gegenüber deutschen Wün-
schen und in grundsätzlichen Vorbehalten zu einer
liechtensteinischen Integration ins militarisierte
Reich.
In den Verbindungen der liechtensteinischen Re-
gierungsspitze mit deutschen Unterhändlern griff
ein pragmatisches Räsonnement, das Anpassung
und gelegentliches Entgegenkommen einschloss.
Ein unbedingter moralischer Patriotismus, wie ihn
Regierungsrat Frommelt verkörperte, hätte dieses
Vorgehen nicht zugelassen. Nach innen rechtfer-
iigte Hoop seine Verbindungen mit deutschen Per
sönlichkeiten bereits 1938,!° im Laufe des Krieges
verteidigten beide, Hoop und Vogt, vor dem Land:
ag das Mittel der Kontaktdiplomatie im Deutschen
Reich. !'°®
Die nach Berlin gerichteten Interventionen am
24. März, die Vorabsprachen und Nachverhand-
lungen mit Reichsstellen wurden von Hoop und
Vogt getragen, Frommelt erscheint in der Putsch-
bereinigung als diplomatisch nicht involvierte, aber
auch ungeeignete Person. !®
Vogt machte sich im Zuge der Putschereignisse
ein Argument gegen den Anschluss zu eigen, das
einige Monate zuvor Regierungschef Hoop vertrat.
Hoop wies auf die von Hitler geforderte Opferbe:
reitschaft und die Militanz des deutschen Staates
nin, Umstände, welche sich mit der liechtenstei-
nischen Lebensweise nicht vertrügen.''° Als ihn die
Putschführer persönlich konfrontierten, verdeut-
ıichte ihnen Vogt diesen Gewalthintergrund. Zum
VDBL-Führer Theodor Schädler meinte Vogt, «es
werde sich in der ganzen Regierung niemand fin-
den, der die Verantwortung dafür übernehme, dass
Liechtensteiner in den Krieg gehen müssen.»!!
Die Verbindungsaufnahme und Zusammenarbeit
Alois Vogts mit deutschen Dienststellen hat sich
in zahlreichen Akten niedergeschlagen. Der grösste
Bestand stammt dabei aus dem deutschen Dienst-
verkehr selber. Er kann durch einige zeitgenössi:
sche Unterlagen aus Liechtenstein ergänzt werden.
Nach dem Krieg gaben sowohl Vogt wie ehemalige
Mitarbeiter deutscher Nachrichtendienste Auskunft
zu den inoffiziellen deutsch-liechtensteinischen Ver-
oindungen. Als zentrale Quelle darf die wichtigste
Kontaktperson Vogts, der SD-Offizier Dr. Klaus
Huegel'!!?, gelten. Huegel wurde nach dem Krieg
von der schweizerischen Bundespolizei einvernom-
men und auch zu seiner Verbindung mit Alois Vogt
befragt. Der Verfasser konnte Klaus Huegel auf-
grund dieser Dokumente im Jahre 1997 als Zeit-
zeugen befragen. Der vergleichende Zusammenzug
aller genannter Quellen erlaubt Präzisierungen
zu Zeiträumen, Ablauf und Zielsetzung von Vogts
Kontaktnahmen im Deutschen Reich. Sie sollen
zunächst in ihrem Umfang umrissen werden. Ei
nige Aspekte werden herausgehoben: die Umstän-
de der Kontaktaufnahme, die damit verbundenen
gegenseitigen Erwartungen und die Verankerung
solcher Sonderlinien im auswärtigen Verkehr von
Regierung und Fürst.
VOGTS DEUTSCHE VERBINDUNGEN
IM ÜBERBLICK
Als wichtigste Adressen für Vogts reichsdeutschen
Verkehr erwiesen sich während des Krieges Ab-
teilungen des Auswärtigen Amtes und zwei Äm-
ter der SS, namentlich der Auslandsnachrichten-
dienst des SD, der in den Dokumenten unter der
Kennziffer römisch VI aufscheint, und das Haupt-
amt Volksdeutsche Mittelstelle (VOMI). Beide hat-
ten ihre Befehlszentralen in Berlin,!!® der SD ver-
fügte über zahlreiche Dienststellen im Reichsge-
biet, deren Mitarbeiterstäbe Vorgänge im In- und
Ausland überwachten.
In VOMI-Berichten zu Liechtenstein wurde Vogt
seit 1938 als zugewandte Vertrauensperson ge-
führt. Eine erste persönliche Absprache ergab sich
a